(aktualisiert 27.06.2013)

Finanzreformen Europa

Erst durch die Finanzkrise werden die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten aktiv und bauen eine völlig neue Finanzaufsicht auf. Zu spät allerdings, um der europäischen Schuldenkrise zuvorzukommen. Einen erfreulichen und richtungsweisenden Ansatz statt noch mehr Bürokratie und Abgaben bringt der Vorschlag der Britischen Independant Banking Commission ICB. Auch der Fiskalpakt gibt zwar Anlass zur Hoffnung, ist aber nicht mehr als eine längst überfällige Behebung handwerklicher Fehler der Euroeinführung und des EU-Vertrags.

 

Übersicht:

  • EU Bankenreform
    • EU Bankenabwicklung
    • EU Bankenunion
    • EU Bankenaufsicht
  • EU Haushaltseinparungen 2014-2020
  • EU Fiscal Pact 2013
    • Defizitgrenzen
    • Verankerung in der Verfassung
    • Strukturreformen
    • Defizitverfahren vor dem Gerichtshof der EU
    • Koordinierung der Wirtschaftspolitik
    • Euro-Gipfel und EU
    • Inkrafttreten
    • Downloads der Originalverträge
  • ESFS Europäisches Finanzaufsichtsystem
    • Netz nationaler Finanzaufsichtsbehörden
    • ESA European Supervisory Authorities
      • EZB Bankenaufsicht
      • EBA Bankenaufsicht
      • ESMA Wertpapier- und Börsenaufsicht
      • EIOPA Versicherungsaufsicht
    • ESRB Europäischer Ausschuss für Systemrisiken
  • EU-Richtlinien und EU-Verordnungen
    • Monitoring Richtlinien (Twopack)
    • Short Selling & Credit Default Swaps
    • Economic Governance (Sixpack)
    • Sicherungssysteme für Versicherungen
    • Hypothekarkreditrichtlinie
    • Omnibus-II-Richtlinie (Prospekt- und Solvabilität)
    • EU-Grünbuch Zukunft der Abschlussprüfung
    • EU-Richtlinie Einlagensicherungssysteme
    • Verordnung über Derivatehandel
  • MiFID II
  • Corporate Governance für Banken
  • Banken- und Finanztransaktionssteuer

EU Bankenabwicklung

In der Nacht vom 26.06. auf 27.06.2013 einigten sich die EU-Finanzminister auf eine bahnbrechende Neuerung bei der Rettung und Abwicklung von Banken: Zuerst die Beteiligten, erst am Ende der Steuerzahler.

EZB Bankenunion und Bankenaufsicht

Die Europäische Bankenaufsicht wurde von der EU-Komission unter Barroso forciert, um den Einfluss insbeondere der Deutschen Bundesbank zurück zu drängen und die bislang wirkungslose EBA zu entmachten. Am 12.09.2012 legte Barroso in Abstimmung mit der EZB unter Draghi, mit Italien, Spanien, Griechenland und Frankreich eine Verordnung COM (2012) 511 vor. Noch im Januar sollen die Regierungschefs eine Einigung erzielen, die der EZB die Aufsicht über große und grenzüberschreitende Banken gibt.

EU Commission: Banking Union - 06.06.2012
MEMO-12-413_EN EU Commission Banking Uni[...]
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Deutsche Bank zur Bankenunion:

Kommentar von Bernhard Speyer, 23.07.2012 

EU Haushaltseinsparungen 2014-2020

Am 08.02.2013 hat der EU-Gipfel nach mehreren Anläufen und einem 2-tägigen Verhandlungsmaraton eine Einigung auf den neuen 7-Jahres-Haushalt der EU erzielt:

Multinational Financial Framework 2014-2020

EU Fiskalpakt (Fiscal Pact) 2013

Der EU Fiskalpakt (Fiscal Pact) tritt am 01.01.2013 in Kraft, soweit mindestens 12 Euroländer ratifiziert haben. Über den Inhalt wird auf dem EU-Gipfel am 30.01.2012 eine Einigung erzielt. Der französische Präsidentschaftskandidat und Sozialist Hollande droht, den Fiskalpakt nach seinem Wahlsieg sofort nachzuverhandeln. Am 28.02.2012 beschließt die Irische Regierung, dass sie das Volk per Referendum über den Fiskalpakt abstimmen lassen will. Am 02.03.2012 unterzeichnen 25 der 27 EU-Mitgliedsstaaten (ohne UK und CZ) den Fiskalpakt. Am 01.06.2012 stimmen die Iren bei einem Referendum mit 60% dem Fiskalpakt zu. In Deutschland liegt die Bundestagsabstimmung zunächst auf Eis, weil die SPD-Opposition die Einführung der Börsensteuer als Bedingung stellt. Nach zähen Verhandlungen wird am 29.06.2012 in Deutschland der Fiskalpakt in Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Wegen anhängiger Verfassungsklagen bittet das Bundesverfassungsgericht den Bundespräsidenten das Gesetz noch nicht zu unterzeichnen. Am 12.09.2012 lehnt das Bundesverfassungsgericht im Eilverfahren die Klagen ab. Am 13.09.2012 ratifiziert der Bundespräsident. Der Versuch des neuen französichen Präsidenten Hollande scheitert, den Fiskalpakt neu zu verhandelt. Am 11.10.2012 ratifiziert schließlich auch Frankreich den Fiskalpakt. Am 26.11.2012 hinterlegt schließlich Rumänien als 12. EU-Staat die Ratifizierungsurkunde. Der Fiskalpakt tritt damit am 01.01.2013 in Kraft, obwohl noch 8 von 25 Staaten säumig sind (SVK, BEL, BGR, HUN, LUX, MLT, NLD, POL und SWE).

Titel I:

Zweck und Anwendungsbereich

Artikel 1:

Zweck: Haushaltsdisziplin, Wirtschaftspolitik, Eurosteuerung

Anwendung: 25 Staaten; Artikel 14 für andere 2 Staaten

 

Titel II:

Kohärenz mit dem Unionsrecht und Verhältnis zum Unionsrecht

Artikel 2:

Basierend auf EU-Grundlagen; Keine Handlungseinschränkung

 

Titel III:

Fiskalpolitischer Pakt

Artikel 3:

Absatz 1: (Verpflichtung)

  • Gesamtstaatlicher Haushalt ist ausgeglichen oder hat Überschuss
  • Das ist der Fall bei Defizit unterhalb 0,5% des BIP
  • Abweichung nur bei außergewöhnlichen Umständen vorüergehend vom mittelfristigen Ziel
  • Liegt die öffentliche Verschuldung erheblich unter 60% des BIP und sind die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzierung gering, so kann die Untergrenze 1,0% betragen
  • Erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungspfad lösen automatisch einen Korrekturmechanismus aus (einschließlich Verpflichtung zur Korrektur innerhalb eines festgelegten Zeitraums Maßnahmen zu treffen)

Absatz 2: (Umsetzung in nationales Recht)

Umsetzung vorzugsweise im Verfassungsrecht, spätestens 1 Jahr nach Inkrafttreten des  Vertrages; Korrekturmechanismus wahrt uneingeschränkt die Vorrechte der nationalen Parlamente

 

Absatz 3: (Definitionen)

"Jährlich strukturelle Saldo des Gesamtstaats" ist der konjunkturbereinigte jährliche Saldo ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen.

"aupergewöhnliche Umstände" sind ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der Vertragspartei entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen aht, oder ein schwerer Konjunkturabschwung im Sinne des geänderten Stabilitäts- und Währungspakts, vorausgesetzt, die vorübergehende Abweichung der betreffenden Vertragspartei gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

 

Artikel 4: (Überschuldung über 60%)

Abbau von jährlich 1/20 (5%)

 

Artikel 5: (Strukturreformen)

Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramm; Vorlage von Strukturreformen bei EU-Kommission und Rat der EU; Überwachung

 

Artikel 6: (Finanzierungsabsprache)

Vertragsparteien erstatten dem Rat der EU und der EU-Kommission Bericht über geplante Begebung von Staatsschulditeln

 

Artikel 7: (Sonderfall für Mitglieder der Eurozone)

Verpflichtung zur Unterstützung der Vorschläge und Empfehlungen der EU-Kommission bei übermäßigem Defizit.

Verpflichtung entfällt, wenn zwischen den Vertragsparteien feststeht, dass eine ermittelte qualifizierte Mehrheit (ohne den Defizitstaat) von ihnen gegen den vorgeschlagenen oder emfohlenen Beschluss ist

 

Artikel 8: (Folgen eines Verstoßes)

Absatz 1: (Verfahrensablauf bei Verstoß)

  • Berichterstattung durch EU-Kommission über Verstoß
  • Gerichtshof der Europäischen Union bei Verstoß
  • Vertragsparteien kann auch ohne EU-Bericht EUGH anrufen
  • Urteil des EUGH mit Maßnahmen ist bindend

Absatz 2: (Sanktionen)

  • Vertragsparteien können bei Mißachtung des Urteils EUGH erneut anrufen
  • EUGH kann finanzielle Sanktionen verhängen
  • Pauschalbetrag oder Zwangsgeld bis zu 0,1% ds BIP
  • Überweisung an europöischen Stabilitätsmechanismus oder andernfalls an den EU-Gesamthaushalt

Absatz 3: Dieser Artikel gilt als Schiedsvertrag

 

Titel IV:

Wirtschaftspolitische Koordinierung und Konvergenz

Artikel 9: 

Verpflichtung, gemeinsam auf eine Wirtschaftspolitik hinzuarbeiten, die durch erhöhte  Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion sowie das Wirtschaftswachstum fördert.

 

Artikel 10:

Aktive Zusammenarbeit aller Vertragsparteien im Rahmen der Maßnahmen der Währungsunion

 

Artikel 11:

Koordinierung aller größeren Wirtschaftsreformen vorab

 

Titel V:

Steuerung des Euro-Währungsgebietes

Artikel 12: (Euro-Gipfel)

Absatz 1:

Euro-Gipfel der Staats- und Regierungs-Chefs tagen informell unter Einladung des EZB-Chefs. Ernennung des Präsidenten des Euro-Gipfels zum gleichen Zeitpunkt und für den gleichen Zeitraum wie der Präsident des Europäischen Rates.

 

Absatz 2:

Euro-Gipfel tagen bei Bedarf, mindestens jedoch 2 mal jährlich.

 

Absatz 3:

Staats- und Regierungschefs der Vertragsparteien, deren Währung nicht der Euro ist und die diesen Vertrag unterzeichnet haben, nehmen an den Beratungen der Tagungen der Euro-Gipfel teil, die für die Vertragsparteien der Wettbewerbsfähigkeit, die Änderung der allgemeinen Architektur des Euroraums und der grundlegenden Regelungen, die für diesen in Zukunft gelten werden, betreffen, sowie, wenn die sachgerecht ist und mindestens einmal im Jahr, an Beratungen zu bestimmten Fragen der Durchführung des Vertrags.

 

Absatz 4:

Präsident des Euro-Gipfels gewährleistet mit Präsident der EU-Kommission die Vorbereitung udn Kontinuität der Euro-Gipfel. Die Vorbereitung und Nachbereitung des Euro-Gipfels erfolgt durch ein betrautes Gremium der Eur-Gruppe.

 

Absatz 5:

Präsident des Europäischen Parlaments kann eingeladen werden. Präsident des Euro-Gipfels legt nach jedem Euro-Gipfel dem Präsidenten des EU-Parlaments einen Bericht vor.

 

Absatz 6:

Präsident des Euro-Gipfels unterrichtet die Nicht-Euro-Vertragsparteien und die anderen Mitgliedsstaaten der EU über die Vorbereitungen und Ergebnisse des Euro-Gipfels.

 

Artikel 13: (Parlamentarische Haushaltskontrolle)

EU-Parlement und nationale Parlamente bestimmen die Organisation und Förderung einer Konferenz der Vertreterausschüssen gemeinsam

 

Titel VI:

Allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmungen

Artikel 14:

Absatz 1:

Vertrag bedarf der Ratifizierung durch die Vertragsparteien gemäß ihrer jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften.

 

Absatz 2: (Inkrafttreten)

Vertrag tritt in Kraft am 01.01.2013, sofern 12 Eurozone-Mitglieder ratifiziert haben oder am ersten Tag des Monats, nachdem die 12. Ratifizierungsurkunde hinterlegt wurde.

 

Absatz 3: (Gültig für die Eurozone ab)

dem Tag des Inkrafttretens für Eurostaaten, die ratifiziert haben

dem dem ersten Tag des Monats nach Hinterlegung der Ratifizierung

 

Absatz 4: (Gültig Titel V für alle Vertragsparteien ab)

dem Tag des Inkrafttretens, außer solche nach Absatz 3 und 5

 

Absatz 5: (Gültig bei Aufhebung der Dänemark-Ausnahmeregelung ab)

dem Tag des Aufhebungsbeschlusses der Ausnahmeregelung

 

Artikel 15:

Beitritt steht anderen EU-Saaten offen, die nicht Vertragspartei sind

 

Artikel 16:

Überführung in den Rechtsrahmen der EU innerhalb von 5 Jahren

EU Fiskalpakt
Vertrag über die Stabilität, Koordinieru[...]
PDF-Dokument [76.3 KB]
Protokoll zum Fiskalpakt
Protokoll über die Unterzeichnung des EU[...]
PDF-Dokument [13.9 KB]
EU Fiscal Treaty (English)
Treaty on Stability, Coordination and Go[...]
PDF-Dokument [47.3 KB]

European System of Financial Supervisors

Das Europäische Finanzaufsichtssystem wurde aus den Übergangsausschüssen CEBS, CEIOPS und CESR zu einer dreisäuligen EU-Finanzaufsicht ESA ausgebaut. (Einzelheiten Siehe unten)

Europäische Ausschüsse der Finanzaufsichtsbehörden

Die Kommission von Alexandre Lamfalussy entwickelte einen EU-Gesetzgebungsprozess, der die fristgerechte Umsetzung des Financial Services Action Plans FSAP sicherstellen sollte. Seine Vorschläge zur Wertpapieraufsicht wurden im März 2002 vom Europäischen Rat gebilligt und führten zur Gründung der CESR.

 

Der ECOFIN-Rat beschloss später, im Dezember 2003, den Ansatz von Lamfalussy, der ursprünglich für den Wertpapierbereich entwickelt wurde, auch auf den Bankenbereich, CEBS, und Versicherungsbereich, CEIOPS, auszuweiten.

 

Die EU-Kommission beschloss die Gründung der CEBS kurz zuvor im November 2003. Im Januar 2004 nahm CEBS ihre Tätigkeit auf. Am 23.01.2009 reformierte die EU-Kommission die Tätigkeit der CEBS. In der Folge geht der Ausschuss in die EBA über. Die Aufgaben der CEBS sind:

  • Beratung der EU-Kommission auf Anfrage oder auf eigene Intiative
  • Beitrag zur Umsetzung der EU-Richtlinien im Interesse der Staaten
  • Fortentwicklung der Aufsichtszusammenarbeit
  • Informationsaustausch der natinalen Aufsichtsbehörden

European Supervisory Authorities ESA

Die ESAs haben folgende gleichlautende Aufgaben:

  • Entwicklung technischer Standards
  • Befugnisse zur Gewährleistung der konsistenten Anwendung der Gemeinschaftsregeln
  • Maßnahmen im Krisenfall
  • Beilegung von Meinungsunterschieden zwischen nationalen Aufsichtsbehörden
  • Aufsichtskollegien
  • Gemeinsame Aufsichtskultur, Delegierung von Aufgaben und Zuständigkeiten und "Peer Reviews"
  • Bewertung von Marktentwicklungen
  • Internationale und beratende Rolle
  • Sammlung von Informationen
  • Beziehung zum ESRB
Zuständigkeiten der ESA
EBA EIOPA ESMA EZB

Inkraftgetretene Richtlinien und VOen:

FinanzkonglomeratsRL 2002/87

Insider- und MarktmanipulationsRL 2003/6

Betriebliche AltersversorgungsRL 2003/41

ProspektRL 2003/71

MiFID RL 2004/39

TransparenzRL 2004/109

GeldwäscheRL 2005/60

BankenRL 2006/48

KapitaladäquanzRL 2006/49

OGAW InvestmentfondsRL 2009/65

VO ESRB 1092, 1096/2010

Änderung der EigenkapitalRL 2009/111

Verwalter alt. Investmentfonds RL 2011/62

VO Ratingagenturen 513/2011

 

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Richtlinien und VOen in Diskussion:

VO über Änderung der ProspektRL

VO über Regulierung für Derivate

Mitteilung Anlageprodukte Kleinanleger

Empfehlung Vergütungen Finanzsektor

       

 

European Banking Authority EBA

Stand: Am 02.09.2010 sind die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Staatenvertreter abgeschlossen. Der Sitz ist in London. Vorsitzender ist der Italiener Andrea Enria, Exekutiv-Direktor der Ungar Adam Farkas.

European Securities and Markets Authority ESMA

Stand: Am 02.09.2010 Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Staatenvertreter abgeschlossen. Der Sitz ist in Paris. Den Vorsitz hat der Niederländer, Steven Maijoor. Stellvertreter ist der Portugiese Carlos Tavares, Exekutiv-Direktorin die Engländerin Verena Ross.

European Insurance and Occupational Pensions Authority EIOPA

Stand: Am 02.09.2010 Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Staatenvertreter abgeschlossen. Der Sitz ist in Frankfurt am Main. Vorsitzender ist der Portugiese Gabriel Bernardino, Exekutiv-Direktor der Spanier Carlos Montalvo.

European Systemic Risk Board ESRB

Neben dem ESFS steht der Europäische Ausschuss für Systemrisiken ESRB, der die potenziellen Risiken für die Finanzmarktstabilität, die sich aus makroökonomischen Entwicklungen und aus Entwicklungen innerhalb des Finanzsystems insgesamt ergeben, überwachen und bewerten soll. Zu diesem Zweck würde die ESRB frühzeitig vor sich abzeichnenden Systemweiten Risiken warnen und erforderlichenfalls Empfehlungen für Maßnahmen zur Eindämmung dieser Risiken aussprechen.

Finanzreformen: EU-Richtlinien und EU-Verordnungen

Monitoring Richtlinien (Twopack)

Am 21.02.2012 einigten sich die ECOFIN im Rahmen der Economic Governance auf zwei Richtlinien zur Überwachung von Haushalten von Staaten im Defizitverfahren und Finanzunterstützung von Krisenstaaten:

  • Regulation for enhanced Monitoring and Assessment of Draft Budgetary Plans of Euro Area Member States, especially those Subject to an excessive Deficit Procedure (6565/12)
  • Regulation on enhanced Surveiilance of Euro Area Member States that are experiencing severe Financial Disturbande or request Financial Assistance (6566/12)

Short Selling & Credit Default Swaps

Am 21.02.2012 einigten sich die ECOFIN auf die Regulierung und Harmonisierung von Short Selling und CDS (EU 6216/12). Großbritannien enthielt sich der Stimme.

Economic Governance (Sixpack) 

Im März 2011 legt die EU-Kommission einen Entwurf für die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor. Er enthält 6 Vorschläge und wird deshalb auch "Sixpack" genannt:

  1. Reform VO 1466/97 (Stabilitäts- und Wachstumspakt SWP)
  2. Reform VO 1467/97 (SWP)
  3. Richtllinie über Mindestanforderungen an nationale Haushaltsrahmen
  4. VO zur Prävention und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte
  5. VO zu neuen Durchsetzungsmaßnahmen
  6. VO zu neuen Sanktionen

Am 29. August 2011 treffen sich das ECON-Komitee des Europäischen Parlaments, der EZB-Chef Trichet, Eurogruppen-Chef Juncker, EU-Währungskommissar Rehn sowie der derzeitige Chef der Ecofin Rostowski zu einem Krisengespräch.

 

Am 17. September 2011 beschliessen die Finanzminister der EU (Ecofin) das Sixpack und hoffen auf ein Inkrafttreten im November 2011. Die letzten strittigen Punkte werden wie folgt gelöst:

  • Steigerung der Entscheidungsprozesse des Rates im sogenannten Präventionsteil des Stabilitäts- und Wachstumspakts
  • Verbesserung des Dialogs über makroökonomische Tehmen zwischen den Europäischen Institutionen
  • Überwachung ausuferndern makroökonomischen Ungleichgewichten von Ländern mit laufenden Defiziten und Überschüssen sowie deren angemessene Behandlung

Damit kann der Ratsvorsitz (Tschechische Republik) mit den notwendigen formalen Verfahren beginnen und das Europaparlament bereits in der September-Plenarsitzung darüber beschliessen. Danach wird am 04. Oktober der Ecofin-Rat das Sixpack annehmen.

 

Die neuen Regeln werden die Haushaltsdisziplin und die Stabilität stärken. Hauptelemente sind: 

  • Verschärfung des Schuldenkriteriums im korrektiven Teil des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, zusätzlich zum Defizitkriterium
  • Sanktionen innerhalb der Eurozone früher und intensiver
  • verbesserte Transparenz der Entscheidungsprozesse
  • bessere übernahme der gemeinsam festgelegten Regeln und Politik durch die nationalen Regierungen und Parlamente

EU-Richtlinie Sicherungssysteme für Versicherungen

Am 15. Juni 2011 hat der federführende Ausschuss "Wirtschaft und Währung" des Europäischen Parlaments einen Bericht über das Weißbuch der EU-Kommission über die Sicherungssysteme für Versicherungen abgegeben (Quelle: Centrum für Europäische Politik CEP-Analyse):

  • EU-Kommission soll EU-Richtlinie verabschieden
  • zur Schaffung möglichst einheitlicher nationaler Sicherungssysteme (IGS)
  • durch Verabschiedung eines Rahmens
  • mit soliden Aufsichtsregeln und
  • wirksamer Aufsicht der EIOPA und nationaler Aufsichtsbehörden
  • EU-Konsultationen, welche Versicherungsformen einbezogen werden
  • Erstattung in vollem Umfang und in zeitlichem Rahmen gefordet
  • nicht nur ex-ante sondern auch ex-post Finanzierung
  • Schutz für Privatpersonen, nicht aber für Führungspersonal
  • Europäisches Standardisiertes Merkblatt (ESIS) über Sicherung
  • Prüfung der Rolle des IGS gegenüber Vermittlern

EU-Richtlinie Hypothekarkredite (Wohnimmobilienkreditverträge)

Mit dem Vorschlag der EU-Kommission vom 31.03.2011 für eine Richtlinie über Wohnimmobilienkreditverträge soll ein reibungslos funktionierender Binnenmarkt für Hypothekarkredite mit einem hohen Verbraucherschutzniveau geschaffen werden und Fehler aus der unverantwortlichen Kreditvergabe und Kreditaufnahme vor der Finanzkrise korrigiert werden (Quelle: Centrum für Europäische Politik CEP-Analyse):

  • Kreditgeber und Kreditvermittler sollen ehrlich, redlich und professionell im besten Interesse der privaten Kreditnehmer handeln
  • Anforderungen an Kreditvermittler:
    • ausreichende Kenntnisse und Kompetenz
    • Zulassungspflicht bei nationalen Aufsichtsbehörden mit Wirkung für die gesamte EU (EU-Pass)
    • Berufshaftpflichtversicherung
    • guter Leumund
    • Freie Kreditvermittler müssen Vergütungssystem offenlegen
    • Gebundene Kreditvermittler müssen Bindung mitteilen
  • Vorvertragliche Informationspflichten:
    • allgemeine Informationen über Kreditverträge
    • Auskunft über persönliche und finanzielle Situation einzuholen
    • Standardisiertes Merkbatt (ESIS)
  • Werbevorschriften und Angaben über effektiven Jahreszins
  • Kreditwürdigkeitsprüfung
  • Gewährung eines Rechts aus vorzeitiger Rückzahlung
  • EBA schlichtet Streitfälle und legt Mindestdeckungssumme für Berufshaftpflichtversicherung fest

Omnibus-II-Richtlinie (Änderung der Prospektrichtlinie und Solvabilität-II-Richtlinie)

Am 19.01.2011 hat die EU-Kommission eine Richtlinie zur Änderung der o.g. Richtlinien vorgelegt. Darüber soll Anfang 2012 das Europäische Parlament entscheiden (Quelle: Centrum für Europäische Politik CEP):

  • Ausdehnung der Befugnisse der EU-Aufsichtsbehörden zur Entwicklung von technischen Standards
  • Konkretisierung deren Schlichtungskompetenz
  • Einführung von Übergangsfristen für die Solvabilität-II-Richtlinie
  • Anpassung der EU-Kommissionsbefugnisse zum Erlass von Durchführungsbestimmungen auf Lissabon-Vertragsniveau

EU-Grünbuch Zukunft der Abschlussprüfung

Die EU-Kommission hat am 13.10.2010 ein Grünbuch vorgelegt, wie die Abschlussprüfung unabhängiger gemacht und verbessert werden kann, um Fehler in der Finanzkrise zu korrigieren (Quelle: Centrum für Europäische Politik CEP-Analyse):

  • Einführung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise
  • substanzielle Überprüfung der Bilanz
  • Abschlussprüfung soll künftig gewährleisten, dass keine Regulierungsarbitrage zwischen verschiedenen Rechtskreisen stattfindet
  • größere Differenzierung im Prüfungsurteil
    • potenzielle Risiken, sektorale Entwicklung, Waren- und Wechselkursrisiken
    • künftige Risiken für das geistige Eigentum oder für immateriele Vermögenswerte des Unternehmens
    • zukunftsorientierte Analysen, z.B. finanzielle Solidität
  • Governance und Unabhängigkeit der Abschlussprüfer (Optionen)
    • Bestellung, Vergütung und Festlegung der Prüfungsdauer duchr einen Dritten, z.B. Regulierungsbehörde
    • Verbot von Nichtprüfungsleistungen (Beratung)
    • Offenlegung und Begrenzung der Einnahmen von einem einzigen Kunden in Relation zu den Gesamteinnahmen
    • Lockerung der Vorschrift, dass die Stimmrechtsmehrheit der Prüfungsgesellschaft von Wirtschaftsprüfern gehalten werden muss, durch Zulassung von Beteiligungskapital um GmbHs zu gründen
    • Prüfung der Abschlüsse der Prüfungsgesellschaften durch öffentliche Einrichtungen
    • Ausbau der Corporate Governance in anlehnung an die Verordnung büer Ratingagenturen oder den britischen Governance-Index
    • Stärkung des Gruppenprüfers bei der Prüfung von international tätigen Unternehmen
  • Konzentration und Marktstruktur (Optionen)
    • Reduzierung des Risikos durch 4 systemrelevante Prüfungsgesellschaften (Deloitte, Ernst & Young, PriceWterhouseCoopers, KPMG)
    • gemeinsame Prüfung mit kleinen Prüfungsgesellschaften
    • regelmäßiger Wechsel von Prüfungsgesellschaft und Prüfer
    • Einführung der öffentlichen Ausschreibung
    • Europäisches Qualitätszertifikats für kleinere Prüfungsgesellschaften
    • Notfallpläne und Abwicklungspläne (Living Wills) beim 

EU-Richtlinie Einlagensicherungssysteme

Mit dem Vorschlag der EU-Kommission vom 12. Juli 2010 sollen die Einlagensicherungssysteme in der EU harmonisiert, die Erstattungshöhe gedeckelt und eine gegenseitige Beistandspflicht eingeführt werden (Quelle: Centrum für Europäische Politik CEP-Analyse).

  • Erstattungsfähige Einlagen:
    • Einlagen, die von der Bank zum Nennwert zurückzuzahlen sind
    • auch Fremdwährungskonten
    • nicht Einlagen von Behörden, Banken, Wertpapierfirmen, Versicherungsunternehmen, Investmentfonds und Pensionsfonds
  • Gedeckte Einlagen:
    • ab 2013 jedes Einlegers bei jedem Kreditinstitut bis max. 100.000 €
    • ggf. Senkung nationaler Deckungssummen auf 100.000 €
    • Höhere Deckungssummen möglich für...
      • Einlagen, die auf einer privaten Immobilientransaktion beruhen oder
      • die auf einen im nationalen Recht definierten sozialen Zweck erfüllen 
      • ...
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Am 16.02.2012 hat sich das Europäische Parlament in erster Lesung mit dem Richtlinienentwurf für Einlagensicherungssysteme (2010/0207) befasst.

Verordnung über Derivatehandel

Die EU plant eine Verordnung, die Ende 2012 in Kraft treten soll:

  • Abwicklung künftig größtenteils über Zentrale Gegenparteien ZGP
  • Nationale Aufsichtsorgane melden Cearing-Pflicht
  • ESMA soll festlegen, welche Kontrakte EU-weit darunter fallen
  • Kriterien:
    • Verringerung systemischer Risiken
    • Liquidität von Kontrakten
    • Verfügbarkeit von Preisinformationen
    • Fähigkeit der ZGP, das Volumen zu handhaben
    • Ausmaß an Schutz, den die ZGP dem Kunden bietet
  • ausgenommen: Kontrakte zur Geschäftsabsicherung
  • Derivate ohne Clearing-Pflicht: Datenregisterpflicht
  • ZGP sollen Zugang zur Liquidität der Zentralbank oder zu einer Geschäftsbank haben (Unterschied zum US-Ansatz)
  • ZGP sollen Grundkapital von mind. 5 Mio. € haben
  • ZGP müssen einen Notfallonds einrichten
  • ZGP dürfen Sicherheiten der Kunden und Clearingmitgliedern nicht vermischen

EU-Binnenmarktkommissar Barnier will im Oktober 2011 eine Reform der EU-Finanzmarkt-Richtlinie MiFiD vorlegen:

  • Derivate grundsätzlich nur an der Börse handelbar
  • Hochfrequenzhandel wird stärker reguliert
    • Aufzeichnungspflicht der Handelsdaten 5 Jahre
    • inkl. Details wie Algorithmen

Am 09.02.2012 haben sich der EU-Rat, die EU-Kommission und das Europaparlament auf einen Kompromiss geeinigt.

Corporate Governance

Die EU-Kommission schlägt mit Binnenmarktkommissar Michel Barnier am 24.05.2010 erstmals EU-weite Regeln für die Unternehmensführung (Corporate Governance) für Banken und Versicherungen vor:

  • Aufsichtsräte dürfen nicht mehr als 3 Finanzmandate haben
  • vom Finanzvorstand unabhänige Chief Risk Officer CRO
  • Vetorecht des CRO, falls Widerspruch zum Risikoprofil
  • institutionelle Investoren sollen aktiver mitwirken
  • Wirtschaftsprüfer sollen auch Kennziffern prüfen
  • Aufsichtsräte sollen Risikogutachten einholen dürfen

Im Juli 2011 endete das Mandat des Europäischen Corporate Governance-Forums ohne Ergebnisse. Das Grünbuch vom April 2011 soll Grundlage für die weitere Vorgehensweise der EU-Kommission sein.

MiFID II

Am 20. Oktober 2011 legt die EU-Kommission Entwürfe zur Reform der Markets in Financial Instrument Directive MiFID II vor:

  • Robustere und effizientere Marktstrukturen
    • Regulierung der Organised Trading Facilities OTF
    • Besondere Brücksichtigung der kleinen und mitteren Unternehmen SME Label 
  • Berücksichtigung technologischer Innovationen
    • Sicherung des algorithmischen und Hochfrequenz-Handel
    • und deren Regulierung und Wettbewerb
  • Erhöhung der Transparenz:
    • Einführung der OTF Plattformen
    • Neue Regeln für die Handelstransparenz für Non-equities Märkte (z.B. Bonds, strukturierte Finanzproducte und Derivate)
    • Markt Übersicht über alle Handelsaktivitäten in the EU
  • Verstärkte Aufsichtsbefugnisse und ein strikterer Rahmen für Rohstoffmärkte
    • ESMA und Aufsichtsbehörden können unter bestimmten Bedingungen bestimmte Produkte und Dienste oder Praktiken verbieten im Falle der Bedrohung des Anlegerschutzes Finanzstabilität oder der ordnungsgemäßigen Funktionsweise des Märkte.
  • Strengerer Anlegerschutz
    • strengere Anforderungen an Portfolioverwaltung, Anlageberatung und Anbieten von komplexen Finanzprodukten wie strukturierte Produkte
    • Verbot von Zahlungen von dritter Seite oder anderen Geldvorteilen
    • Einführung von Regeln zur Corporate Governance und Management-Verantwortlichkeit bei allen Investmentfirmen

Banken- und Finanztransaktionssteuer

Die EU-Kommission schlägt mit Barnier am 26.05.2010 eine Bankensteuer zur Deckung der Kosten vor, die beim Konkurs von Banken anfallen:

  • Mitgliedsstaaten richten damit Rettungsfonds ein,
  • mit denen Kosten gedeckt werden könnten,
  • faule Vermögenswerte gekauft oder verwaltet werden könnten,
  • durch Liquiditätshilfen eine Krise eingedämmt und
  • ein Notverkauf von Vermögenswerten verhindert werden könnte.

Am 17.05.2011 scheitert beim Ecofin-Gipfel in Breslau die gemeinsame Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer, die sogenannte Tobin-Tax, am Widerstand von Großbritannien, das eine Abwanderung seines Finanzsektors befürchten müsste. Finanzminister Schäuble befürwortet, noch im Jahr 2011 im Alleingang die Tobin-Tax einzuführen, möglicherweise zusammen mit Frankreich und Belgien. Der ebenfalls anwesende US-Finanzminister Geithner lehnt eine solche Steuer strikt ab.