(aktualisiert 20.11.2011)
Die Deutsche Krise 1930 -1932
Überblick
- Brünings Deflationspolitik 1930-1932
- Die deutsche Bankenkrise 1931-1932
- Die Banken verhelfen zur Macht 1932-1933
- Die Machtergreifung 1933-1935
Chronologie
1930
Das Ausland kündigt in Deutschland massiv Kredite
30. März: Hindenburg ernennt Brüning zum Reichskanzler;
Minderheitsregierung auf Basis Hindenburgs Befugnissen
18. Juli: Hindenburg löst Reichstag auf, nachdem SPD-Antrag auf Aufhebung der Notverordnung stattgegeben wird
14. Sep.: Reichstagswahl SPD 24% N 18% (+15,7) KPD 13% Z 11%
Kabinett Brüning wird von der SPD toleriert
Brünings Deflationspolitik
1930
Brüning führt mittels Hindenburgs Verordnungsmacht eine harte Spar- und Deflationspolitik ohne breite Zustimmung des Parlaments. Angeblich sollen dadurch die Reparationslasten aus dem 1. Weltkrieg vermindert und die Geldwertstabilität des Young-Plans erfüllt werden. Als Begründung wird aber auch die vorangegangene Hyperinflation 1923 angeführt. Die Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer sowie die Steuern auf Zucker, Bier und Tabak werden erhöht. Sozialausgaben werden gesenkt. Dadurch werden hauptsächlich Arbeiter und Arbeitslose betroffen, die in die Hände der extremen Parteien gedrängt werden. Ferner wir die Konjunktur durch die harten Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand geschwächt.
1931
Herbst: Staatlich festgelegte Lohn-, Preis- und Mietsenkungen (außer Reichswehr und ostelbische Großagrarindustrie)
1932
Osthilfeverordnung: Einstellung der ostelbischen Subventionen und Zwangsversteigerungen der Güter
Die Deutsche Bankenkrise
1931
Der Bankrott der Nordwolle löst größte deutsche Bankenkrise 1931 (bis 1933) aus. Carl Lahusen ist Gründersohn und Generaldirektor von Nordwolle, Delmenhorst, und gleichzeitig Präsident der Handelskammer Bremen. Wein- und Spirituosenhändler Heinrich Bömers, ein Schwager von Lahusen, ist Bremer Finanz-Senator (Deutsche Volkspartei), stellv. Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Sparkasse Bremen und hat als Aufsichtsratsvorsitzender der 1921 gegründeten Deutschen Nationalbank diese 1922 mit der Darmstädter Bank zur DANAT, Berlin, fusioniert, wo er seither Vizeaufsichtsratsvorsitzender war (sog. "System Bömer"). Die DANAT KG a.A. (Darmstädter- und Nationalbank) ist zweitgrößte Bank und mit der Österreichischen Creditanstalt verflochten. DANAT ist die Hausbank und Miteigentümerin von Nordwolle. Dresdner Bank ist ebenfalls Miteigentümerin von Nordwolle.
11. Mai: Österreichische Creditanstalt meldet Verlust Grundkapitals
11. Mai: DANAT-Bankdirektor Doerner deckt Bilanzfälschung bei Nordwolle auf und DANAT-Bankvorstand und -Bankgesellschafter Goldschmidt konfrontiert Lahusen
Gerüchte über Nordwelle Insolvenz gehen um
17. Juni: Lahusen tritt als Vorstand der Nordwolle zurück
22. Juni: Nordwolle legt Bilanz 1930 mit Überschuldung vor
08. Juli: Notverordnung: Großbetriebe haften für Golddiskontbank
Gerüchte über DANAT Insolvenz gehen um
11. Juli: Dresdner Bank beteuert, nicht in Gefahr zu sein
12. Juli: Staatliche Ausfallbürgschaft für illiquide DANAT-Bank
13. Juli: Ansturm auf Bankschalter /DANAT Bankrun
13. Juli: DANAT-Bank schließt Schalter nach zwei Stunden
13. Juli: Notverordnung beschließt zwei sofortige Bankfeiertage
14. Juli: Banken und Börsen bleiben geschlossen
14. Juli: Dresdner Bank illiquide
14. Juli: Notverordnung führt Devisenbewirtschaftung ein
15. Juli: Banken und Börsen bleiben geschlossen
16. Juli: Börsen bleiben bis 2. Sept. geschlossen
16. Juli: Banken beschränken Barauszahlungen bis 5. August
17. Juli: Carl Lahusen und sein Bruder Heinz werden verhaftet
18. Juli: Notverordnung gegen Kapital- und Steuerflucht
18. Juli: Zwangsabgabe für Auslandstouristen von 100 RM
18. Juli: Gründung Bankensicherung "Überweisungsverband"
20. Juli: Bankhaus Schroeder schließt als Folge von Nordwolle
21. Juli: Nordwolle meldet Konkurs an
25. Juli: Gründung der Akzept- und Garantiebank (Erste Bad-Bank)
31. Juli: Staat steigt bei Dresdner Bank ein
05. Aug.: Staat sichert sich Eingriffsrecht in Sparkassenwesen
07. Aug.: Landesbank Rheinprovinz vorrübergehend illiquide
08. Aug: Sparkassen dürfen nur noch 300 RM auszahlen
13. Aug.: Bömers tritt als Senator zurück, stirbt am 1. April 1932
26. Aug.: Zwangsabgabe für Auslandsreisende wird aufgehoben
29. Aug.: Generalversammlung Dresdner billigt Teilverstaatlichung
03. Sept: Börsen öffnen erstmals seit 14. Juli mit 20-20% Verlust
19. Sept.: Aufsichtsgründung "Kuratorium für das Bankgewerbe"
24. Sept.: Bankhaus Deichmann Köln zahlungsunfähig
24. Sept.: Bankhaus Friedmann & Co. Halle stellt Vergleichsantrag
07. Okt.: Kabinett Brüning tritt zurück
09. Okt.: Brüning wird auch Außenminister
31. Okt.: Zahl der Konkurse im Oktober auf Rekordhöhe 1435
06. Nov.: Sparkassen werden Anstalten öffentlichen Rechts
10. Nov.: Brünung und Hindenburg verhandeln mit Hitler ergebnislos
19. Nov.: Berliner Bank für Handel und Grundbesitz geschlossen
23. Dez.: BIZ Basel bescheinigt deutsche Zahlungsunfähigkeit
1932
23. Febr.: Dresdner Bank übernimmt DANAT-Bank
Febr.: Commerz- und Privatbank (inkl. Barmer Bankverein) zu 70 % verstaatlicht
April: Deutsche Bank und Disconto Gesellschaft) zu 30 % verstaatlicht durch Hinterlegung von Aktienkapital für eine staatliche Ausfallbürgschaft
08. Juli: Dow Jones Tiefststand $41,22 in der Weltwirtschaftskrise
09. Juli: Stillhalteabkommen von Lausanne hilft deutschen Banken
Die Banken verhelfen zur Macht
1932
30. Mai: Brüning tritt auf Betreiben von Schleicher zurück
01. Juni: Hindenburg ernennt Schleichers Freund Papen zum Reichskanzler
04. Juni: Hindenburg löst Reichstag erneut auf
Juni: Verhandlungen mit Hitler und Göring über Neuwahlen; Zustimmung unter der Bedingung, dass das Verbot der SA und SS aufgehoben wird
31. Juli: Reichstagswahl N 37% (+19) SPD 21,6 KPD 14% Z 12%
12. Sep.: Mißtrauensvotum gegen Papen und Reichstagsauflösung
06. Nov.: Reichstagswahl: N 33% (-4) SPD 20% KPD 16 Z 11%
19. Nov.: Industrielleneingabe durch Banker
Die sogenannte Industrielleneingabe fordert Hindenburg auf, Hitler zum Reichskanzler zu ernennen; Hindenburg lehnt ab und bestellt Schleicher. Unterzeichner der Eingabe sind (darunter viele Mitglieder des Keppler-Kreises und des Deutschen Herrenklubs):
Schacht (Verfasser und Kontaktmann zu Himmler, Mitglied des Keppler-Kreises, Gesellschafter der DANAT Bank 1922-1923, Reichsbankpräsident 1923-1930, Initiator und Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Golddiskontbank 1924, Initiator der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und dortiger Reichsbankvertreter 1930, nochmals Reichsbankpräsident 1933-1939, Entlassung wegen seiner Kritik an der Rüstungs- und Finanzpolitik, Reichswirtschaftsminister 1934-1937, Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft 1935-1937, Reichsminister ohne Geschäftsbereich 1937-1943, Verhaftung wegen Mitverschwörung am Attentat vom 20. Juli 1944 und Konzentrationslager bis Ende des Krieges, als einer von 24 Hauptkriegsverbrechern im Nürnberger Prozess, Freispruch in allen Anklagepunkten), Fritz Thyssen (Aufsichtsratsvorsitzender Vereinigte Stahlwerke, einziger wirklich bedeutender Industrieller unter den Unterzeichnern), Reinhart (Direktor Commerzbank und Vorstandsmitglied AEG, Mitglied im Keppler-Kreis), Rosterg (Generaldirektor Wintershall, Mitglied im Keppler-Kreis), Freiherr von Schröder (Kölner Privatbankier, Mitglied im Keppler-Kreis und im Deutschen Herrenklub; in seinem Haus fanden Januar 1933 die entscheidenden Verhandlungen vor Hitlers Ernennung zum Reichskanzler statt), Beindorf (Inhaber Pelikan und Aufsichtsrat der Deutschen Bank), Helfferich (Vorstandsmitglied der Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft und Aufsichtsratsvorsitzender der HAPAG, Mitglied im Keppler-Kreis), Witthoefft (Aufsichtsratsvorsitzender der Commerzbank und Präsident Handelskammer Hamburg, Mitglied im Keppler-Kreis), Beckmann (Vorsitzender der Rheinischen Landesbank), Hecker (Aufsichtsratsmitglied Commerzbank, Präsident IHK Hannover Aufsichtsratsvorsitzender Ilseder Hütter, Mitglied im Keppler-Kreis), Woermann (Aufsichtsratsmitglied Commerzbank und mittelständischer Reeder aus Hamburg), Krogmann (Mitinhaber einer Hamburger Bank, Reederei und Handelshaus Wachsmuth und Krogmann, Bürgermeister von Hamburg 1933 bis 1945, Vorstandsmitglied Hamburger Nationalklub), von Eichborn (Teilhaber einer Breslauer Privatbank), Graf von Kalckreuth (Präsident Reichslandbund), Graf von Keyserlingk-Cammerau (Vertreter Landwirtschaft und Mitglied Deutscher Herrenklub), Lübbert (Generaldirektor Dywidag), Merck (Chef des Hamburger Bankhauses H.J. Merck & Co.), von Oppen-Dannenwalde (Präsident brandenburgische Landwirtschaftkammer) von Rohr-Manze (Vertreter Landwirtschaft) sowie Ventzki (Generaldirektor Maschinenfabrik Esslingen).
02. Dez.: Generalmajor Schleicher wird Reichskanzler, sucht Ausgleich
Machtergreifung
1933
04. Jan.: Kölner Gespräch bei Bankier Schröder
In der Villa des Kölner Bankiers Baron von Schröder einigen sich Papen und Hitler auf die Zusammenarbeit in einer Regierungskoalition. Treibende Kraft soll die rheinisch-westfälische Industrie-Gruppe um den Stahlhelm sein.
28. Jan.: Schleicher tritt als Reichskanzler zurück
30. Jan.: Hitler wird zum Reichskanzler ernannt
03. Feb.: Hitlers geheime Rede vor der Reichswehrführung:
"In 6-8 Jahren Marxismus ausrotten,
dann ist das Militär dazu bereit"
04. Feb.: Göring löst Gemeindevertretungen auf und inhaftiert viele
20. Feb.: Geheimtreffen: Hitler bittet 25 Industrielle um Spenden
Hjalmar Schacht, Organisator, ehemaliger Reichsbankpräsident
Gustav Krupp von Bohlen und Halbach; Albert Vögler, Vorstandsvorsitzender der Vereinigte Stahlwerke AG; Fritz Springorum, Hoesch AG; Ernst Tengelmann, Vorstandsvorsitzender, Gelsenkirchener Bergwerks-AG; August Rosterg, Generaldirektor der Wintershall AG; Ernst Brandi, Vorsitzender des Bergbauvereins, Karl Büren, Generaldirektor der Braunkohlen- und Brikettindustrie AG, Vorstandsmitglied der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände; Günther Heubel, Generaldirektor der C. TH. Heye Braunkohlenwerke AG, Vorstandsmitglied der Deutschen Arbeitgeberverbände; Georg von Schnitzler, Vorstandsmitglied der I.G. Farben; Hugo Stinnes junior, Vorstandsmitglied des Reichsverband der Deutschen Industrie, Mitglied des Aufsichtsrats des Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikats; Eduard Schulte, Generaldirektor Giesches Erben, Zink und Bergbaubetrieb; Fritz von Opel, Vorstandsmitglied der Adam Opel AG; Ludwig von Winterfeld, Vorstandsmitglied der Siemens & Halske AG und Siemens-Schuckert-Werke AG; Wolf-Dietrich von Witzleben, Leiter des Büros von Carl Friedrich von Siemens; Wolfgang Reuter, Generaldirektor der Demag, Vorsitzender des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten, Präsidialmitglied des Reichsverbands der Deutschen Industrie; Günther Quandt, Großindustrieller, aufgrund seiner Unterstützung des Regimes späterer Wehrwirtschaftsführer; August Diehn, Vorstandsmitglied der Wintershall AG; Hans von und zu Löwenstein, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bergbauvereins; Ludwig Grauert; Friedrich Flick; Kurt Schmitt, Vorstandsmitglied der Allianz AG; August von Finck, Mitglied in zahlreichen Aufsichtsräten und Fachgremien; Erich Fickler, Generaldirektor der Harpener Bergbau AG, Aufsichtsratsvorsitzender Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikats, Vorstandsmitglied des RDI, Mitglied diverser Aufsichtsräte; Paul Stein, Vorsitzender und Generalbevollmächtigter der Gewerkschaft Zeche Auguste Victoria; Herbert Kauert, Vorstandsmitglied der Gelsenkirchener Bergwerks-AG; Paul Reusch abwesend.
Von jenen spenden schließlich (in Tsd. Reichsmark): Bergbauverein 600, IG Farben 400, Schacht 125, Demag 50, Flick
50, Springorium 36, Quandt 25, Schmitt 10. Weitere Spenden zur Reichstagswahl kommen von Nichtgeladenen in Höhe von rund 800.
27. Feb.: Reichstagsbrand
28. Feb.: Reichstagsbrandverordnung erlaubt politische Verfolgung
05. Mrz.: Reichstagswahl unter Oppositionsbehinderung, N 43% (+10,8)
08. Mrz.: Reichstagsmandate der KPD werden aufgelöst
13. Mrz.: Gründung Reichspropagandaministerium Goebbels
20. Mrz.: Errichtung des KZ Dachau
21. Mrz.: Konstituierende Sitzung des neuen Reichstags
23. Mrz.: Ermächtigungsgesetz überträgt Legislative auf Regierung
31. Mrz.: Gleichschaltungsgesetz hebt Autonomie der Ländes auf
01. Apr.: Boykott jüdischer Geschäfte
07. Apr.: Berufsbeamtengesetz erlaubt willkürliche Entlassungen
02. Mai: Gewerkschaften werden enteignet, Verhaftungen
10. Mai: Bücherverbrennungen in ganz Deutschland
22. Juni: Verbot der SPD
07. Juli: Gesetz zur inneren Sicherheit
14. Juli: Verbot aller Parteien außer NSDAP
14. Juli: Rassengesetz
20. Juli: Abschluss des Reichskonkordats mit dem Heiligen Stuhl
12. Nov: Reichstagswahl wird manipuliert, Austritt aus Völkerbund
15. Dez.: Gemeindeverfassungsgesetz löst Gemeinderäte auf
1934
20. Jan.: Wirtschaftsordnungsgesetz schaltet Wirtschaft gleich
30. Jan.: Reichsneuaufbaugesetz löst föderale Struktur auf
Mai: Brüning flieht über Niederlande in die USA
30. Juni: Inszinierter Röhm-Putsch löst SA auf, Schleicher ermordet
02. Aug.: Reichspräsident Hindenburg stirbt, Hitler wird "Führer"
19. Aug.: Volksabstimmung vereinigt Präsidenten- mit Kanzleramt
19. Aug.: Vereidigung der Reichswehr auf Hitler
1935
01. Apr.: Gemeindeordnung löst Gemeindeverfassungsrecht auf
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01. Okt. 1946: Papen wird im Nürnberger Tribunal freigesprochen und später im Spruchkammerverfahren (Entnazifizierung) zu 8 Jahren Arbeitslager verurteilt. Arbeitslager wurden nicht errichtet. Haftentlassung im Jan. 1949.