(aktualisiert 23.06.2013)

Eurorettung

Eine der langwierigsten und chaotischsten Unternehmungen Europas ist die sich bereits über 3 Jahre hinziehende Eurorettung. Die Vielzahl der involvierten Europäischen Institutionen, das Fehlen jeglicher vertraglicher Vorkehrungen sowie  die Beachtung der Souveränität der Mitgliedsstaaten der EU und der Eurozone und der Finanzhoheiten der nationalen Parlamente machen eine Lösung schier aussichtslos. In zähen Verhandlungen und zahllosen politischen Manövern ergibt sich schließlich ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen und Paketen, jeweils mit unterschiedlichen Protagonisten.

 

Übersicht:

Eurorettung

  • ESM Direkte Banken Rekapitalisierung (Juni 2013)
  • Zypern Rettung (März 2013)
  • EZB OMT Outright Monetary Transaction (Sep 2012) / Bundesbank
  • Spaniens Bankenrettungspaket (Juni 2012)
  • Griechenlandrettungspaket II (Februar 2012)
  • Griechenlandrettungspaket I (Mai 2010)
  • Eurorettungspaket (Mai 2010)
  • EZB LTRO Bankenliquiditätshilfen (2011-2012)
  • Europäischer Finanz- und Stabilitätsfonds EFSF 
  • European Sovereign Bond Protection Facility ESBPF
  • Europäischer Stabilitätsmechanismus ESM (vor BVerfG)
  • Europäischer Stabilitäts- und Wirtschaftspakt
  • European Governance Package (Sixpack)
  • EU-Wirtschaftsregierung (in Diskussion)
  • EU-Finanzminister (in Diskussion)

Chronik des Euro

  • Der Euro unter der Regierung Merkel
  • Der Euro unter der Regierung Schröder
  • Vorgeschichte des Euro unter der Regierung Kohl
  • ECU und der Weg zur Währungsunion

Mit dem Euro befasste Institutionen

  • Eurozone innerhalb der EU
  • EZB
  • EU-Gipfel
  • ECOFIN-Gipfel der Finanzminister
  • EU-Ratspräsident
  • Präsident des Europäischen Rates
  • Chef der Eurogruppe
  • EU-Währungskommissar
  • EU-Kommissionspräsident
  • EU-Parlament
  • EU-Verfassung und Defizitverfahren
  • IWF und ihr Präsident/in
  • Bundestag und deutsches Haushaltsrecht
  • Bundesverfassungsgericht

Eurorettung

ESM Direkte Banken Rekapitalisierung

Die Finanzminister der EU einigten sich am 20.06.2013 auf die Möglichkeit einer begrenzten direkten Bankenhilfe durch den ESM.

Zypern Rettung

Im zweiten Anlauf einigen sich am 25.03.2013 um 2 Uhr frühmorgens Zypern und die Troika (EU-Kommission, EZB, IWF) auf ein Rettungspaket, das um 4 Uhr schließlich von den Eurozone-Finanzministern abgesegnet wird. Zuvor drohte Präsident Anastasiades mit Rücktritt und Referendum, falls auch die Bank of Cyprus auf Druck des IWF aufglöst werden sollte. Im Vorfeld der Verhandlungen wurde der Zentralbankchef von Zypern abgelöst:

  1. Bank Laiki wird sofort aufgelöst - bei voller Beteiligung von Aktionären, Anleihenhalter und ungesicherten Einlegern - basierend auf einer Entscheidung durch die Zentralbank von Zypern, unter Anwendung des 2 Tage zuvor im Parlament verabschiedeten Bankenauflösungsrahmens.
  2. Bank Laiki (Popular Bank) wird in eine Good Bank und eine Bad Bank aufgeteilt. Die Bad Bank wird mit der Zeit runtergefahren.
  3. Die Laiki Good Bank wird in der Bank of Cyprus aufgehen unter Nutzung des Bankenauflösungsrahmens und nach Anhörung des Aufsichtsrats beider Banken. Dazu werden €9 Mrd ELA-Mittel der EZB benötigt. Nur ungesicherte Einlagen werden in der Bank of Cyprus eingefroren bis die Rekapitalisierung erreicht wurde und werden danach möglicherweise Gegenstand angemessener Konditionen
  4. Der Verwatungsrat der EZB wird der Bank of Cyprus Liquidität zur Verfügung stellen in Übereinstimmung mit den anzuwendenen Regeln.
  5. Die Bank of Cyprus wird rekapitalisiert durch eine Einlagen-Kapital-Umwandlung der ungesicherten Einlagen unter voller Beteiligung von Aktionären und Anleihenhaltern.
  6. Die Umwandlung wird so hoch sein, dass eine Kapitalquote von 9% bis zum Ende des Programm gewährleistet ist.
  7. Alle ungeischerten Einleger in allen Banken werden voll geschützt in Übereinstimmung der relevanten EU-Richtlinien und -Gesetze
  8. Das Geldpaket (bis zu €10 Mrd.) wird nicht verwendet zur Rekapitalisierung der Bank Laiki und Bank of Cyprus.

Damit wird die EU-Einlagengarantie für Einlagen bis €100.000 beachtet. Eine Abstimmung im Parlament von Zypern ist zwar nicht erforderlich, weil der neue Bankenauflösungsrahmen zwei Tage zuvor durch das Parlament ging. Gleichwohl ist die Zypernrettung vom Bundestag zu bestätigen.

 

Am 27.03.2013, dem Vortag der Bankenwiederöffnung, fliegt die Bundesbank im Auftrag der EZB €5 Mrd Bargeld ein. Am 28.03.2013 kommt es nicht zum befürchteten Schaltersturm.

EZB-Staatsanleihenkaufprogramm OMT

In einer historischen Sitzung der EZB am 06.09.2012 wird von Mario Draghi der unbegrenzte Ankauf von Staatsanleihen mit einer Gegenstimme des Vertreters der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, angekündigt. Das Programm heisst "Outright Monetary Transaction OMT" und soll den Bankenmittelfluss wieder herstellen sowie die Refinanzierungszinsen der Staatsanleihen senken. Draghi betont, dass es keine unerlaubte Staatsfinanzierung sei. Kritiker sehen allerdings die Rote Linie zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik überschritten, in dem durch unzulässige Auslegung des Artikel 123 der EZB-Gesetzes, Staatsanleihen zwar nicht direkt, aber unter Einschaltung von Händlern selektiv und ohne Konsultation aller Euro-Staaten eigenmächtig von Draghi aufgekauft werden. Draghi wird Befangenheit vorgeworfen, weil er wie der aktuelle Übergangs-Ministerpräsident ("Technokrat") von Italien, Mario Monti, früher für Goldman Sachs gearbeitet hat. Details des OMT:

  • Konditionalität
    • makroökonomisches ESFS/ESM-Anpassungsprogramm oder
    • Kreditline mit verschärfter Konditionalität (Enhanced Conditions Credit Line)
    • sofern die Möglichkeit von EFSF/ESM-Primärmarktkäufen vorgesehen ist.
    • Einbindung des IWF (Troika?)
  • Geltungsbereich
    • im Zusammenhang mit EFSF/ESM
    • auch für Staaten unter dem Rettungsschirm
    • Konzentration auf das kürzere Ende der Zinsstrukturkurve, insbesondere auf Staatsanhleihen mit einer Laufzeit von 1-3 Jahren
    • quantitative unbeschränkt
  • Gläubigerstatus
    • Rechtsakt, dass es für Anleihen von Euroländern, im Einklang mit den entsprechenden Anleihebedingungen diesselbe (gleichrangige) Behandlung wie private oder sonstige Gläubiger akzeptiert
  • Sterilisierung
    • Die durch die gelpolitische Outright-Geschäfte geschaffene Lizidität wird vollständig sterilisiert
  • Transparenz
    • wöchentliche Bekanntgabe des Gesamtbestandes
  • Programm für die Wertpapiermärkte
    • Securities Markets Programme SMP wird eingestellt
    • Anleihen werden bis zur Fälligkeit gehalten
EZB Technische Merkmale der geldpolitischen Outright-Geschäfte - 06.09.2012
2012_09_06_merkmale_outright_geschaefte.[...]
PDF-Dokument [45.0 KB]
EZB Massnahmen zur Gewährleistung der Verfügbarkeit von Sicherheiten - 06.09.2012
2012_09_06_massnahmen_sicherheiten.pdf
PDF-Dokument [43.7 KB]

Am 26.04.2013 wird bekannt, dass die Bundesbank bereits am 21.12.2012 eine Stellungnahme zum OMT-Programm der EZB beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat.

Spanien-Bankenrettungspaket (Juni 2012)

Am 09.06.2012 einigt sich die Eurogruppe in einer eilig einberufenen Telefonkonferenz auf das Rettungspaket für die spanische Banken:

  • Finanzhilfenantrag nach Gutachten der Wirtschaftsprüfer
  • EFSF/ESM für die Rekapitalisierung von Finanzinstituten
  • Darlehen zu günstigen Zinskonditionen
  • Abdeckung aller möglichen Kapitalanforderungen plus Puffer
  • Bedarfsschätzung nach "Diagnostic Exercise"
  • Antragsbewertung durch EU-Kommission, EZB, EBA und IWF
  • FROB Fund for Orderly Bank Restructuring als Empfänger
  • Spanische Regierung ist verantwortlicher Vertragsparter (MoU)
  • IWF unterstützt Umsetzung und überwacht mit Berichten

Griechenland-Rettungspaket II (Februar 2012)

Am 04.03.2012 gibt es Anzeichen, dass die Beteiligung an einem freiwilligen Anleihentausch zu gering sein wird. Dann müsste das Zwangsverfahren "CAC" angewendet werden. Dies wiederum könnte dazu führen, das die Ratingagenturen von einem Default ausgehen. Damit geriete die International Swaps and Derivates Association in die Zwangslage den Default (Kreditausfall) ausrufen zu müssen. Die Folge wäre das Einspringen der Kreditausfallversicherungen. Das Ziel der Spekulanten auf den Greichenland-Bankrott wäre erreicht. Sie würden einen unvrostellbaren Gewinn machen.

 

Am 27.02.2012 stimmt der Bundestag dem Rettungspaket II mit 496 Stimmer dafür, 90 dagegen bei 5 Enthaltungen, aber mit nur 304 Koalitionsstimmen von 311 notwendigen Stimmen ohne Kanzlermehrheit, zu:

  • Ermöglichung einer freiwilligen privaten Umschuldung €35,5 Mrd
    1. Öffentlicher Beitrag zu Schuldenschnitt €30 Mrd
    2. Mittel zur Zahlung aufgelaufener Zinsen zu PSI €5,5 Mrd
    3. Sicherheiten für das Eurosystem €35 Mrd
  • Sicherung der Zahlungsfähigkeit mit langjährigem Hilfsprogramm €94,5 Mrd sowie Darlehen aus Rest-EFSF €24,4 Mrd

Links Bundestags-Drucksachen: BMF-AntragDokumenteTroika-Update

Abstimmungsergebnis: Abweichler CDU/CSU 15, FDP 5

 

Am 21.02.2012 um 4 Uhr am frühen Morgen einigt sich die Eurogruppe und die EZB nach 13 Stunden harter Verhandlungen mit dem Internationalen Bankenverband IIF (Vertreter des Privaten Gläubigersektors) und dem IWF endlich auf folgende Eckpunkte:

  • Kredite unverändert €130 Mrd; Einsparungen jetzt €325 Mrd
  • Kombination ESM €500 Mrd und Rest-EFSF €250 Mrd auf €750 Mrd
  • Private Gläubiger (PSI Haircut) verzichten auf 50-53,5% und erhalten eine niedrigere Couponrate (3% bis 2014, 3% bis 2020 und danach 4,3%, so dass sich ein abgezinster Nettoverlust von 70-75% ergibt. Das sind rund €107 Mrd
  • Anleihenumtausch Do 08. bis Sa 10. März; ohne Zentralbanken?
  • Nationale Zentralbanken reichen Gewinne auf €45-50 Mrd Anleihenkäufe im Sekundärmarkt in 2010 und 2011 in Eurozone bis 2020 an die EZB zur weiteren Unterstützung Griechenlands weiter
  • EZB-Beitrag geheim
  • IWF-Beitrag soll versucht werden zu erhöhen
  • Zinsen aus Paket I auf 150 Basispunkte über Euribor gesenkt
  • Troika permanent in Athen
  • Treuhandkonto (Escrow) wird eingerichtet
  • Verpflichtungserklärung nur von 2 Regierungsparteien Pasok, MD
  • Reduzierung der Schuldenquote auf 120,5% (des BIP) bis 2020
  • Neues Eurogruppentreffen 11. März mit endgültigem Beschluss
Antrag des BMF zur Griechenlandrettung - 24.02.2012
Bundesfinanzministerantrag für Griechenl[...]
PDF-Dokument [81.3 KB]
Dokumente zur Griechenlandrettung II
Dokumente zum Griechenland-Rettungspaket[...]
PDF-Dokument [7.6 MB]
Vorläufiger Troika Bericht 27.02.2012
Troika Bericht 27.02.2012.pdf
PDF-Dokument [159.7 KB]

Weiterer Ablauf:

  • Klärung des permanenten Troika-Einsatzes
  • Klärung des Treuhandkontoeinsatzes
  • Weitere Aufgabenerfüllung durch Griechenland
  • Vertragsentwurf
  • Parlamentsbeschlüsse: Slowakei, Estland
  • Anleihenumtausch am Do. 08. März für 3 Tage
  • Danach, also um den 11. März, Eurogruppengipfel mit Beschluss
  • Zahlung der ersten Tranche
  • Fälligkeit von €14 Mrd Griechenlandanleihen
  • Festlegung des IWF-Anteils und der Firewall
  • Wahlen vermutlich am 13. Mai und 17. Juni in Griechenland

Griechenlandrettungsverhandlungen (Juli 2011 bis Januar 2012)

Am 21. Juli 2011 haben die Staats- und Regierungschefs der nunmehr 17 Euroländer und der europäischen Institutionen (Euro-Gipfel) ein neues Rettungspaket für Griechenland beschlossen (Quelle: Bundesfinanzministerium)

  • Verabschiedung bis Mitte September 2011
  • Laufzeit bis 2014
  • Gesamtvolumen zur Zeit ca. 109 Mrd €
    • falls Finanzwirtschaft ihre Zusage einhält, bis 2020 fällige Anleihen über 135 Mrd € zu verlängern;
    • endgülitger Finanzbedarf wird von EU-Kommission, EZB, IWF im Sommer 2011 ermittelt.
  • Deutscher Anteil 30%, abhängig von BIP und IWF-Anteil
  • IWF legt Anteil noch fest
  • EZB behält Anleihen bis zum Ende der Fälligkeit
  • kann über EFSF finanziert werden
  • Auflagen: 
    • grundlegende Strukturreformen
    • umfangreiche Sparmaßnahmen
    • Defizitgrenze bis 2014 wieder 3%
    • Privatisierungen
  • Folgen für Griechenland:
    • Erhaltung der Zahlungsfähigkeit
    • Reduzierung des Refinanzierungsbedarfs bis 2020
    • Senkung der Zinslast
    • Senkung der Schuldenquote von 150 auf 75 Mrd € bis 2033
    • zusätzliche EU-Förderprogramme
    • Rating erleidet Selective Default (Teilzahlungsausfall)
    • Langfristig verbessert sich Rating jedoch
  • Beteiligung der Finanzwirtschaft
    • freiwillig 135 Mrd € bis 2020
    • Verlängerung der Anleihen-Laufzeit auf 30 Jahre
    • Im Gegenzug Sicherheiten durch EFSF
    • Zinsrisiko für Differenz zum Marktzins bleibt bei Finanzwirtschaft
    • Zinsverlust durch anfänglich niedrige Zinsen beläuft sich auf letztendlich 21 Mrd €
    • Ausfallrisiko für Finanzwirtschaft ist nach Umtausch höher, sinkt jedoch im Laufe der Zeit, analog zum Aufbau des Besicherungsvermögens über Nullkuponanleihen über 30 Jahre
    • Reduzierung des Refinanzierungsbedarfs auf 93 Mrd €
    • Schuldenabbau durch Schuldenrückkäufe von 13 Mrd €
    • darüber hinaus Rückkaufprogramm, bei dem griechische Anleihen zum gegenwärtigen Marktpreis am Sekundärmarkt zurückgekauft werden (Investoren können unter sofortiger Verlustrealisierung ihre Anleihen verkaufen)
  • Umsetzung der Privatsektorbeteiligung:
    • Anleihentausch zum Nennwert von 100% mit Verlängerung der Laufzeit um 30 Jahre,
    • Laufzeitverlängerung der Anleihen zum Nennwert von 100% mit Verlängerung um 30 Jahre bei Fälligkeit (sog. Roll-Over),
    • Anleihentausch mit Abschlag auf den Nennwert mit Verlängerung um 30 Jahre sowie
    • Anleihentausch mit Abschlag auf den Nennwert mit Verlängerung um 15 Jahre.
  • EFSF und ab Juli 2013 dessen Nachfolger ESM werden in ihren Rahmenverträge umgearbeitet

 Weiterer Ablauf:

  • Anleihentausch 08. März 2012
  • Eurogruppenbeschluss ab 11. März 2012
  • Bundestag und Haushaltsausschuss bereiten sich auf Abstimmung vor

Griechenlandrettungspaket I

Am Sonntag, den 2. Mai 2010, beschliessen die Finanzminister der Eurozone gemeinsam mit dem IWF ein Rettungspaket für Griechenland, um fällige Schulden zu refinanzieren. Die Umsetzung in den nationalen Parlamenten soll bis zum 07.05.2010 umgesetzt werden, dem Tag des formalen Beschlusses des EU-Gipfels:

  • 80 Mrd € Darlehensfazilität von Eurostaaten (Kreditgeber)
  • 30 Mrd € von IWF (theoretischer Anteil 3/11)
  • insgesamt bis zu 110 Mrd € Kreditvolumen über 3 Jahre
  • Griechenland senkt Defizitgrenze bis 2014 auf 3 %
  • Verwaltung durch EU-Kommission
  • Verteilung auf Eurostaaten nach EZB-Anteil

GR-Rettung

Land

Beitrag

Mio €

Anmerkung


Deutschland

Frankreich

Italien

Spanien

Niederlande

Belgien

Österreich

Portugal

Finnland

Irland

Slowakei

Slowenien

Luxemburg

Zypern

Malta

22.336

16.773

14.739

9.794

4.703

2.860

2.290

2.064

1.478

1.310

817

387

206

161

74

Darehensgeber für Deutschland ist die KfW

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

IWF 30.000  
Summe 110.000  


Euro-Rettungspaket Mai 2010

Am Montag Morgen um 02:00 Uhr des 10. Mai 2010 wurde von den Finanzministern der Eurozone folgendes Rettungspaket beschlossen, nachdem die Staats- und Regierungschefs der Eurozone in der Nacht von Freitag auf Samstag, 7. und 8. Mai 2010 einen Stabilisierungsmechanismus eingeführt hatten:

  • 440 Mrd € Bürgschaften und Garantien von Eurostaaten
  • 60 Mrd € von der EU-Kommission
  • 250 Mrd € vom IWF (mind. die Hälfte des EU-Beitrags)
  • Finanzmarktinterventionen (Staatsanleihen) von EZB
  • Spanien und Portugal verpflichten sich zu Sparmaßnahmen
  • Gründung einer Zweckgesellschaft "Special Purpose Vehicle"
  • SPV kann 3 Jahre lang Kredite bis max. 440 Mrd € vergeben
  • Deutschland 123-147,6 Mrd € Bürgschaften und Garantien
  • Gründung einer Task Force unter Rompuy am 21.05.2010

Die Finanzhilfen werden im späteren EFSF zusammengefasst.

EZB LTRO Bankenliquiditätshilfen (2011-2012)

Die Europäische Zentralbank hat mit sogenannten Long Term Refinancing Operations LTRO den Banken in der Eurozone massiv unter die Arme gegriffen:

26.10.2011 €56 Mrd mit 1 Jahr Laufzeit

21.12.2011 €489 Mrd mit 3 Jahren Laufzeit 

29.02.2012 €529 Mrd mit 3 Jahren Laufzeit

29.02.2012 €6 Mrd mit 3 Monaten Laufzeit

 

Folgende von insgesamt 800 Banken haben an dem LTRO Paket vom 29.02.2012 teilgenommen (in Mrd €):

Eurozone

Griechenland: ?

Italien: etwa 139 (26%) davon Intesa Sanpaolo 24

Portugal: ?

Spanien: ?

Irland: ?

Deutschland: ?

Frankreich: ?

Niederlande: ?

 

Brisanterweise haben auch Banken aus solchen Staaten teilgenommen, die im Rahmen des G20-Gipfels gerade erst der Eurozone die Hilfe verweigert haben:

UK: etwa 37 davon Lloyds 13,6 Barclays 8,2 RBS 5 HSBC (?)

Dänemark: ?

Schweden: ?

 

dazu zählen auch Staaten aupperhalb der EU:

USA: ?

Japan: ?

Schweiz: ?

EFSF

Der Europäische Finanz- und Stabilitätsfonds EFSF ist ein bis Mitte 2013 begrenzter Rettungsfonds mit folgender Ausgestaltung:

  • Kapital 780 Mrd €,
  • davon 211 Mrd von Deutschland (bisher 123 Mrd)
  • Einstimmige Entscheidung durch Euro-Finanzminister
  • Verwaltung durch Verwaltungsrat mit EZB und EU-Kommission
  • Mittelverwendung für Staatsanleihenkauf und Standby-Länderkredite
  • Guidelines noch nicht fertig (Mitspracherechte der Parlamente, Sicherheiten und Zugriff auf Goldreserven)

Am 21. Juli 2011 haben die Staats- und Regierungschefs die Ausweitung des EFSF beschlossen.

 

Am 01.09.2011 billigt das Bundeskabinett das Gesetz zur Ausweitung des EFSF auf 780 Mrd €.

 

Zur Zerstreuung von Bedenken haben sich am 17.09.2011 die Bundestagsfraktionen auf eine Unterkommission zum Haushaltsausschuss geeinigt, die über die Bereitstellung von Mitteln für den EFSF entscheiden soll.

 

Am selben Tag werden Berechnungen des eurokritischen Prof. Sinn vom Ifo-Institut veröffentlicht, nach denen Deutschland nicht nur mit 211, sondern bis zu 465 Mrd € haften könnte, wenn man den Puffer von 20%, die Zinsen und die dafür anfallenden Finanzierungskosten einrechnet.

ESBPF

Die European Sovereign Bond Protection Facility dient der Erhöhung der Ressourcen des EFSF durch eine Kreditverbesserung von neuen aufgenommenen Schulden von Mitgliedsstaaten der Eurozone. Sie wurde aufgrund des Beschlusses der Eurozone vom 26.10.2011 am 05.01.2012 in Luxemburg als Société Anonyme gegründet und gibt Sovereign Protection Certificates aus.

Link zu den Articles of Incorporations und dem Base Prospectus

Europäischer Stabiliätsmechanismus ESM

Der am 30.01.2012 vom EU-Gipfel beschlossene ESM ist der Nachfolger des EFSF und wird im Vertrag zur Einrichtung des Europäischer Stabilitäsmechanismus geregelt. Er soll €500 Mrd umfassen und schon am 01.07.2012 starten.

 

Am 30.03.2012 beschloss die Eurogruppe bei einem inoffiziellem Gipfel:

  • Die ESM-Einlagen werden schneller als im ESM-Vertrag vorgesehen geleistet: 2 Tranchen in 2012 (Juli und Oktober) und 2 weitere in 2013 und 2014. Weiteres Vorziehen ist möglich, damit das Verhältnis von eingezahltem Kapital zu ausstehenden Betragen der ESM-Ausgaben bei 15% erhalten bleibt.
  • Der ESM wird ab Juli 2012 ausschließlich neue Programme finanzieren, während der ESFS grundsätzlich davor begonnene Programme fortführen wird. In einer Übergangsphase bis Mitte 2013 wird auch der ESFS neue Programme finanzieren, um die Gesamtstärke von €500 Mio zu erhalten.
  • Die derzeitige Obergrenze der ESM/ESFS-Vergaben laut ESM-Vertrag wird auf €700 Mio erhöht, um ESM/ESFS funktionfähig zu erhalten für o.g. Aufgaben. Die kombinierte Vergabe des ESM/ESFS wird auf €700 Mio festgelegt.
  • Zusammen mit den bisher aus dem EFSM €49 Mio und €53 Mio aus dem bilateralen Griechenland-Darlehen gezahlten Mitteln wird eine Gesamt-Firewall von €800 Mio (ca. $1 Billion) mobilisiert.
  • Darüberhinaus haben Eurozone-Mitlglieder dem IWF €150 Mio bilaterale Hilfen zugesagt.

Der ESM erhält folgende Kompetenzen, die im Bundestag heftig umstritten sind, weil sie dessen Haushaltsrecht aushebeln:

  • Gouverneursrat beschließt in gegenseitigem Einvernehmen ("in mutual agreement") (Artikel 5 Nr. 6):
  1. Auflösung und Verteilung des Notfallreservefonds
  2. Auflage neuer Anteile zu anderen Konditionen als zum Nennwert
  3. Kapitalabrufe nach Maßgabe des Artikels 9 Absatz 1
  4. Berücksichtigung einer etwaigen Aktualisierung des Schlüssels für die Zeichnung des EZB-Kapitals
  5. Gewährung von Stabilitätshilfe durch den ESM sowie Wahl der Instrumente und Festlegung der Finanzierungsbedingungen
  6. Erteilung des Mandats an die Europäische Kommission, im Benehmen mit der EZB die an jede Finanzhilfe gebundenen wirtschaftspolitischen Auflagen auszuhandeln
  7. Änderungen der Methodik der Preisgestaltung und der Preisgestaltungsleitlinie für Finanzhilfe
  8. Änderungen an der Liste der Finanzhilfeinstrumente, die der ESM nutzen kann
  9. Festlegung der Modalitäten für die Übertragung von EFSF-Hilfen auf den ESM
  10. Genehmigung des Antrags neuer Mitglieder auf Beitritt zum ESM
  11. Anpassungen dieses Vertrags, die unmittelbar infolge des Beitritts neuer Mitglieder erforderlich werden, einschließlich Änderungen an der Kapitalverteilung zwischen den ESM-Mitgliedern und an der Berechnung dieser Verteilung als unmittelbare Folge des Beitritts eines neuen Mitglieds zum ESM nach Maßgabe des Artikels 44 und
  12. Übertragung der in diesem Artikel genannten Aufgaben auf das Direktorium.
  • Gouverneursrat beschließt mit qualifizierter Mehrheit (Artikel 5 Nr. 7) 
  1. Festlegung ausführlicher technischer Regelungen für den Beitritt eines neuen Mitglieds zum ESM
  2. ob der Vorsitz dem Präsidenten der Euro-Gruppe übertragen wird
  3. Festlegung der Satzung des ESM und der Geschäftsordnung des Gouverneursrats und des Direktoriums (einschließlich des Rechts zur Einsetzung von Ausschüssen und nachgeordneten Gremien)
  4. Aufstellung der Liste der mit den Pflichten eines Direktoriumsmitglieds oder eines stellvertretenden Direktoriumsmitglieds unvereinbaren Tätigkeiten
  5. Ernennung und Beendigung der Amtszeit des Geschäftsführenden Direktors
  6. Einrichtung anderer Fonds
  7. Maßnahmen zur Beitreibung einer Schuld eines ESM-Mitglieds
  8. Feststellung des Jahresabschlusses des ESM; Ernennung der Mitglieder des Prüfungsausschusses; Billigung externer Abschlussprüfer
  9. Aufhebung der Immunität von Gouverneursrats- und Direktoriumsmitgliedern
  10. Festlegung der für Bedienstete des ESM geltenden Steuerregelung
  11. Entscheidung über Streitigkeiten und
  12. sonstige erforderliche Beschlüsse, die in diesem Vertrag nicht ausdrücklich genannt sind.

 

  • Grundkapital 700 Mrd €, davon 80 Mrd € in Bar (Artikel 8)
  • "Die ESM-Mitglieder sagen hiermit bedingungslos und unwiderruflich zu, bei Anforderung jeglichem ... Kapitalabruf binnen 7 (sieben) Tagen nach Erhalt dieser Aufforderung nachzukommen" (Artikel 9 Nr. 3)
  • "Der Gouverneursrat kann Änderungen des Grundkapitals beschließen und Artikel 8 ... entsprechend ändern" (Artikel 10)
  • "Der ESM ... verfügt über volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit für ... das Anstrengen von Gerichtsverfahren." (Artikel 27 Nr. 2) 
  • "Der ESM, sein Eigentum, seine Finanzmittel und Vermögenswerte genießen umfassende gerichtliche Immunität..." (Artikel 27 Nr. 3)
  • "Das Eigentum, die Finanzmittel und Vermögenswerte des ESM sind von Zugriff durch Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jede andere Form der Inbesitznahme ... durch Regierungshandeln oder auf dem Gerichts-, Verwaltungs- oder Gesetzeswege befreit." (Artikel 27 Nr. 4)
  • "Die Gouverneursratsmitglieder, Direktoren und Stellvertreter und das Personal genießen Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer ... Handlungen und Unverletzlichkeit ihrer amtlichen Schriftstücke ..." (Artikel 30)
  • "Der ESM ist von jeglicher Zulassungs- oder Lizenzierungspflicht, die nach dem Recht eines ESM-Mitglieds für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsunternehmen oder sonstige der Zulassungs-oder Lizenzierungspflicht sowie der Regulierung unterliegende Unternehmen gilt, befreit." Originalfassung in Englisch:"The ESM shall be exempted from any requirement to be authorised or licensed as a credit institution, investment services provider or other authorised licensed or regulated entity under the laws of each ESM Member." (Artikel 32 Nr. 9)

Mittelverwendung:

  • Finanzhilfen (Artikel 13)
  • Stabilitätshilfe des ESM (ESS) (Artikel 14)
  • Primärmarkt-Unterstützungsfazilität (PMSF) (Artikel 15)

Mittelherkunft:

  • Einlagen der Mitglieder (Kapital)
  • Aufnahme von Krediten (Artikel 17)

Am 19.07.2012 verabschieden Bundestag und Bundesrat den ESM. Allerdings bittet das Bundesverfassungsgericht den Bundespräsidenten mit der Ratifizierung zu warten, bis das Gericht über die sofort eingereichten Eilanträge entschieden habe. Der Termin für die Urteilsverkündung wurde auf den 12.09.2012 festgelegt.

 

Am 03.08.2012 wird bekannt, dass der Kläger Gauweiler seine Klage um die Frage der Erlaubnis zur Bankenlizenz und der Refinanzierung über die EZB erweitert. Artikel 32 Abs. 9 ESM-Vertrag verfügt, dass der ESM keiner Banklizenz bedarf.

Eurogruppen-Gipfel zur ESM-Ausstattung
EU Council Statement 30.03.2012.pdf
PDF-Dokument [10.2 KB]
ESM Vertrag
20120202-ESM-Vertrag.pdf
PDF-Dokument [168.6 KB]
ESM-Vertrag in English
05-tesm2.en12.pdf
PDF-Dokument [133.6 KB]
ESM Gesetzes-Entwurf der Bundesregierung
ESM Gesetz BReg 14-03-2012-PM08-Anlage1.[...]
PDF-Dokument [360.0 KB]
ESM Finanzierungsgesetzes-Entwurf Bundesregierung
ESM Finanzierungsgesetz RegE 14-03-2012-[...]
PDF-Dokument [63.4 KB]
Bundesschuldenwesengesetzes-Entwurf Bundesregierung
Hier werden die Collective Auctions Clauses CAC geregelt
Bundesschuldenwesengesetz Änderung 14-03[...]
PDF-Dokument [99.8 KB]

Europäischer Stabilitäts- und Wachstumspakt

Der deutsche Finanzminister Schäuble legt am 21.05.2010 einen Neunpunkte-Plan vor ...

...zur besseren Vorbeugung vor Haushaltskrisen:

1. Verschärfung der Haushaltsüberwachung durch EU
2. Einbindung der nationalen Parlamente in Überwachung
3. Verankerung der Schuldenbremse in den Verfassungen
4. Frühere und effektivere Sanktionen im Defizitverfahren
5. Beschleunigtes Defizitverfahren für Schuldenländer
6. Suspendierung von Stimmrechten im Rat für 1 Jahr

 

... zur verbesserten wirtschaftspolitischen Überwachung:

7. Frühzeitige Erkennung von Fehlentwicklungen (Blaue Briefe)

8. Konzentration auf wettbewerbsschwache Staaten

 

... zur Einsetzung eines festen Krisenbewältigungsrahmens:

9. geordnete Involvenzverfahren für Staaten der Eurozone

Am 28.09.2010 legte die EU-Kommission einen Vorschlag zur Stabilisierung der Haushalte der EU-Staaten vor.

  • Überwachung der Staatsverschuldung
    • Richtwert für den "raschen" Schuldenabbau: ein Zwanzigstel des Abstandes zur 60 %-Schwelle im Laufe der vorangegangenen 3 Jahre
    • Haushaltsdefizitverfahren
  • Stärkung der nationalen haushaltspolitischen Rahmen
    • Abstimmung auf die neuen Regelen der Haushaltsführung
    • nationale Haushaltsvorschriften in Einklang mit EU-Vertrag
    • Umstellung auf eine mehrjährige Haushaltsplanung
    • Erfassung des gesamten Systems der Staatsfinanzen
  • Vermeidung und Behebung makroökonomischer Ungleichgewicht
    • regelmäßige Bewertung
    • Warnmechanismus
    • Bei Alarm landespezifische Analyse und Rat der EU
    • Auch Warnungen direkt an das Land
    • oder Haushaltsdefizitverfahren
  • Verschärfung der Durchsetzung
    • abgestufte Sanktionen
    • jährliche Geldbuße von 0,1 % des BIP
    • unverzinsliche Einlage von 0,2 % des BIP
    • ggf. Umwandlung unverzinslicher Einlagen in Geldeinbußen

Am 30.08.2011 legt Frankreich der EU einen Kompromissvorschlag hinsichtlich der Sanktionen bei Defizitverstößen vor. Frankreich hatte in 2010 Veto gegen ein automatisches Defizitverfahren eingelegt. Nach dem neuen Vorschlag soll nicht mehr eine qualifizierte, sondern die einfache Mehrheit aller 27 Länder genügen, die jeweils nur 1 Stimme haben, um den Defizitverstoß festzustellen. Danach seien Sanktionen möglich.

European Governance Package "Sixpack"

Die EU-Kommission hat im Februar 2011 folgendes "Sixpack" als Entwurf vorgelegt:

  1. Reform VO 1466/97 (Stabilitäts- und Wachstumspakt SWP)
  2. Reform VO 1467/97 (SWP)
  3. Richtllinie über Mindestanforderungen an nationale Haushaltsrahmen
  4. VO zur Prävention und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte
  5. VO zu neuen Durchsetzungsmaßnahmen
  6. VO zu neuen Sanktionen

Am 17. September 2011 einigen sich die Ecofin auf die letzten umstrittenen Punkten und übergeben die Vorlage an die EU-Kommission zur Einbringung in das Verfahren. Am 28.09.2011 verabschiedet das EU-Parlament den ESWP.

EU-Wirtschaftsregierung (in Diskussion)

Einer der Lehren aus der Eurorettung ist die Notwendigkeit einer guten Koordination der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten. Der Weg dorthin dürfte allerdings sehr lange sein.

EU-Finanzminister (in Diskussion)

Näher rückt dagegen das Amt eines EU-Finanzministers. Voraussetzung wird aber zunächst die Eurorettung und nach der Lösung der Eurokrise sein, damit dann die Finanzpolitik der Eurozone mit der der gesamten EU wieder zusammengeführt werden kann.

Chronik des Euro

Der Euro unter der Regierung Merkel

22.11.2005 Merkel wird Bundeskanzlerin (CDU-CSU/SPD)

22.11.2005 Steinbück wird Finanzminister

28.11.2005 Slowakei tritt WKM II bei

11.07.2006 ECOFIN beschließt Beitritt von Slowenien

01.01.2007 Slowenien tritt als 13. Mitglied bei

10.07.2007 Rat der EU beschließt Euro-Beitritt von Malta und Zypern

19.10.2007 Informeller EU-Gipfel beschließt EU-Reform in Lissabon

13.12.2007 EU-Gipfel unterzeichnet Lissabon EU-Reformvertrag

01.01.2008 Malta und Zypern treten als 14. und 15. Mitglied bei

01.01.2009 Slowakei tritt als 16. Mitglied bei

27.09.2009 Merkel gewinn Bundestagswahl (CDU-CSU/FDP)

27.10.2009 Schäuble wird Finanzminister

01.01.2011 Estland tritt als 17. Mitglied bei

Kommentar:

Die Regierung Merkel wurde genauso wie Bundesbank und BaFin von der Finanzkrise überrascht. Das Krisenmanagement wurde als langsam, schlecht, aber letztendlich zielgerichtet und solide beurteilt. Die Erweiterung der Eurozone auf 17 Mitgliedsstaaten geht auf die Vorgängerregierungen zurück. Weitere Aufnahmen stocken. Das Auseinanderbrechen der Eurozone oder gar das Ende des Euros steht im Raum. Eine Reform und Stärkung der Eurozone ist ausgeblieben, wohl auch aufgrund der ungünstigen und wenig Spielraum lassenden Vertragsregelungen, deren Änderung Einstimmigkeitsprinzip voraussetzt. Der Einfluss in Europäischen Gremien ist drastisch gesunken. Bei der Besetzung der neuen europäischen Finanzaufsichtsbehörden 2011 geht Deutschland leer aus (EBA/Banken: Italiener/London; ESMA/Börsen & Wertpapiere: Niederländer/Paris; EIOPA/Versicherungen: Portugiese/Frankfurt). Der sichere Platz des EZB-Präsidenten wird durch den Rücktritt des Bundesbankpräsidenten Weber aufgrund von Differenzen mit Merkel verspielt. Selbst der Chef-Volkswirt-Posten in der EZB geht verloren. Deutschland hat in der EZB nichts mehr zu sagen. Daran ändert auch die Berufung von Asmussen in das EZB-Direktorium nicht. Wirtschaftlich erreicht Deutschland den herausragenden Spitzenplatz in der EU.

Der Euro unter der Regierung Schröder

27.10.1998 Schröder wird Bundeskanzler (SPD/Grüne)

27.10.1998 Lafontaine wird Finanzminister

31.12.1998 Festlegung der permanenten Eurowechselkurse

01.01.1999 Dritte Stufe der Währungsunion

  • Unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse
  • Einheitliche Geldpolitik durch das Eur. System der Zentralbanken
  • Wechselkursmechanismus WKM II
  • Stabilitäts- und Wachstumspakt
  • Einführung des Euro (zunächst als reines Buchgeld)

14.04.1999 Eichel wird Finanzminister

01.05.1999 EU-Vertrag von Amsterdam tritt in Kraft

24.03.2000 EU-Gipfel beschließt Lissabon-Vertrag zur Reform der EU

03.05.2000 EU-Kommission schlägt vor, dass Griechenland beitritt

28.09.2000 Dänische Bevölkerung gegen Euro-Beitritt

19.06.2000 EU-Finanzminister ECOFIN: Griechenland erfüllt Kriterien

26.10.2000 Euro: Historischer Tiefstand $1,2118

01.01.2001 Griechenland tritt der Eurozone als 12. Mitglied bei

01.01.2002 Einführung des Euro-Bargeldes

22.09.2002 Schröder gewinnt Bundestagswahl (SPD/Grüne)

13.12.2002 EU beschließt Aufnahme von 10 Ländern in die EU ab 1994

Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern

01.01.2003 Vertrag von Nizza tritt in Kraft (EU-Erweiterung, Reform)

14.09.2003 Schwedische Bevölkerung gegen Euro-Beitritt

28.06.2004 Estland, Litauen, Slowenien treten WKM II bei

29.10.2004 Europäischer Rat unterzeichnet die Europäische Verfassung

02.05.2005 Lettland, Malta, Zypern treten dem WKM II bei

01.07.2005 Schröder verliert Vertrauensfrage im Bundestag

18.09.2005 Schröder verliert Bundestagswahl denkbar knapp

Kommentar:

Die Regierung Schröder hatte gerade erst ihre Arbeit mit Finanzminister Lafontaine Ende 1998 aufgenommen. Die Vollendung des Euros war da schon festgeschrieben. Finanzminister Lafontaine schied schon nach wenigen Monaten im Streit aus der Regierung aus und wurde im April 1999 durch Eichel ersetzt. Griechenland wird Anfang 2001 angeblich trotz vertraulicher Warnungen an Eichel aus seinem Finanzministerium und der Bundesbank vor fehlenden Voraussetzungen in die Währungsunion aufgenommen. Wirtschaftlich fällt Deutschland auf den letzten Platz in der EU zurück.

Vorgeschichte des Euro unter der Regierung Kohl

01.10.1982 Kohl wird Bundeskanzler (konstruktives Mißtrauensvotum)

04.10.1982 Stoltenberg wird Finanzminister

06.03.1983 Kohl gewinnt Bundestagswahl

1988 EG-Kommissionspräsident Delors entwirft Eur. Wi. u. Währungsunion

21.04.1989 Waigel wird Finanzminister

01.07.1990 Erste Stufe der Währungsunion

  • Freier Kapitalverkehr zwischen den EG-Staaten
  • Verstärkte Zusammenarbeit der Zentralbanken
  • Freie Verwendung des ECU
  • Verbesserung der wirtschaftlichen Konvergenz

03.10.1990 Deutsche Eingigung

07.02.1992 EU-Vertrag von Maastricht mit Konvergenzkritierien

01.01.1994 Zweite Stufe der Währungsunion

  • Gründung des Europäischen Währungsinstituts EWI
  • Verbot der Gewähurung von Zentralbankkrediten an öff. Stellen
  • Verstärkte Koordinierung der Geldpolitik
  • Prozess, der zur Unabhängigkeit der Zentralbanken führt

01.01.1995 Finnland, Österreich und Schweden treten der EU bei

16.12.1995 Festlegung des Namens "Euro"

17.07.1997 Stabilitäts- und Wachstumspakt, WKM II beschlossen

02.07.1997 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

13.12.1997 EU-Gipfel beschließt Eurozone-Beitrittsverhandlungen mit 

Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn

02.05.1998 Rat der EU beschließt Zusammensetzung der Eurozone

  1. Belgien
  2. Deutschland
  3. Finnland
  4. Frankreich
  5. Irland
  6. Italien
  7. Luxemburg
  8. Niederlande
  9. Österreich
  10. Portugal
  11. Spanien

01.06.1998 Errichtung der EZB

01.09.1998 Eurozone legt Modalitäten für Dänemark, Griechenland fest

Kommentar:

Die Regierung Kohl war die treibende Kraft zur Umsetzung des Delors-Plans. Jedoch unterliefen ihr und den anderen Staaten bei der Konzeption des Maastricht-Vertrages schwerwiegende Fehler. Neben der Fesselung durch Einstimmigkeitsprinzip und Nur-Einzelstimme unabhängig von der Größe des Mitgliedsstaates waren keine Vorkehrungen für einen wirkungsvollen Kontrollmechanismus und eine geordnete Staatsinsolvenz getroffen worden. In die Zeit der Regierung Kohl fallen auch die Entscheidungen über die ersten Modalitäten für den Beitritt von Griechenland.

ECU und der Weg zur Währungsunion

1979 Gründung des Europäischen Währungssystems

1979 Einführung der ECU European Currency Unit

Mit dem Euro befasste Institutionen

Eurozone innerhalb der EU

Die EU wird zunehmen in die Eurozone und die Rest-EU gespalten. Die Nicht-Euro-Staaten, allen voran Großbritannien bzw. Schweden, blockieren immer mehr Reformen mit ihrem Veto bzw. Opposition und halten sogar ihre IWF-Beiträge zurück, die dringend zur Eurorettung benötigt werden. Die Eurozone reformiert sich schneller und steuert rasch auf eine Finanzunion hin. Nicht-Euro-Staaten in der EU denken über einen EU-Austritt nach.

EZB und ihre Präsidenten

Vorläufer: Ausschuss der Zentralratspräsidenten der EWG

Mai 1964 Gründung des Ausschusses

12.03.1990 Neue Aufgabe: Abstimmung Geldpolitik (Preisstabilität)

Vorläufer: Europäisches Währungsinstituts EWI

01.01.1994 Gründung des EWI

Dez. 1996 Vorschlag für den Wechselkursmechanismus II

01.06.1998 Errichtung der EZB

01.06.1998 Duisenberg wird Präsident

04.01.1999 TARGET-Zahlungssystem nimmt Betrieb auf

07.02.2002 Duisenberg will am 09.07.2003 zurücktreten

20.06.2003 Präsident Bank de France, Trichet, soll Duisenberg folgen

01.11.2003 Trichet wird Präsident

19.11.2007 TARGET2 wird eingeführt

01.11.2011 Draghi wird Präsident

Einfache Stimmenmehrheit?

Jedes Land nur 1 Stimme?

Direktorium

Verfassung

Eingriff in die deutsche Haushaltsautonomie wegen Anleihenkäufen?

EBA European Banking Authority

Der Vorsitzende Enria geriet Ende August 2011 in die Schlagzeilen wegen eines Brandbriefes an die Ecofin (Finanzminister in der Eurozone). In diesem will der Italiener Enria den EFSF ermächtigen, Banken ohne Zustimmung der Länderbehörden (z.B. BaFin) mit zusätzlichem Kapital auszustatten. Davon distanziert sich die BaFin am 30.08.2011 entschieden und bemängelt, dass dadurch die Länderbehörden entmachtet würden.

EU-Gipfel

Die endgültigen Beschlüsse zur Reform der EU und damit indirekt zur Eurorettung fallen auf den EU-Gipfel der Staats- und Regierungs-Chefs.

ECOFIN-Gipfel der Finanz- und Wirtschaftsminister

Ein zentrales Gremium zur Eurorettung ist der ECOFIN. Er bereitet auf Arbeitsebene die Maßnahmen und Beschlüsse zur Eurorettung vor.

EU-Ratspräsidenten

...

Präsident des Europäischen Rates

Herman Van Rompuy wurde damit beauftragt die Krise der Eurowährung zu untersuchen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Die Kommission trifft sich regelmäßig. Seit 01.12.2009 ist Rompuy Präsident des Europäischen Rates. Im Jahr 2012 soll eine eigene Behörde für den Nachfolger geschaffen werden.

Chef der Eurogruppe

Der Luxemburger Juncker beruft die Sitzungen der Eurozone-Chefs ein. Ihm kommt damit eine zentrale Rolle im Krisenmanagement der Eurorettung zu.

EU-Währungskommissar

Der Deutsche Rehn flankert die Eurorettung.

EU-Kommissionspräsident

Der Portugiese Barroso wurde im Rahmen der Finanzkrise und Eurorettung zum Sprecher der EU degradiert. Die Staats- Regierungs-Chefs haben faktisch alle Gewalt über die Eurorettung übernommen. Es gab nur einen kurzen und gescheiterten Versuch, Euroanleihen einzuführen.

Europaparlament

Das Europaparlament hat seine Bedeutung gegenüber der EU-Kommission und den EU-Staaten ausgebaut und scheut sich nicht, Vorschläge und Gesetze zu blockieren.

EU-Verfassung und Defizitverfahren

Die EU-Verfassung minimiert die Überstimmung von kleinen durch große Mitgliedsstaaten. Dadurch ergeben sich allerdings auch Konstellationen, wo kritische Länder ihre Stimme mit Entgegenkommen zu erkaufen versuchen. Das Deifzitverfahren wurde durch die jüngsten Beschlüsse und Verordnungen mehrfach verschärft.

IWF und ihre Präsident/in

1944 Gründung

2000 Horst Köhler

2004 Rodrigo de Rato

2007 Dominique Strass-Kahn

2011 Christine Lagarde

Bundestag und deutsches Haushaltsrecht

Der Bundestag hat die Hoheit über den Bundeshaushalt und damit sämtliche Beiträge zur Eurorettung. EFSF und ESM unterhöhlen teilweise diese Kompetenz, woraus sich Verfassungskonflikte ergeben. Insbesondere der Schnellausschuss gerät in die Kritik.

Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat am 07. September 2011 die Verfassungsbeschwerden zur Griechenlandhilfe (Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz) und zum Euro-Rettungsschirm EFSF (Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz) abgelehnt und keine Verletzung des Wahlrechts aus Artikel 38 Abs. 1 Grundgesetz festgestellt. Die wichtigsten Feststellungen:

  • Das Bundesverfassungsgericht zeigt die Grenzen der Ermächtigungen auf
  • verfassungswidrig ist eine Aushöhlung der Kompetenzen des gegenwärtigen oder eines künftigen Bundestages (Entwertung des Wahlaktes)
  • dies wäre dann der Fall, wenn z.B. Gewährleistungsermächtigungen zur Umsetzung der Verbindlichkeiten ausgesprochen werden, die die Bundesrepublik im Rahmen internationaler Übereinkünfte zur Erhaltung der Liquidität von Staaten der Währungsunion eingeht
  • es dürfen keine finanzwirksame Mechanismen begründet werden, die zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne erneute konstitutive Zustimmung des Bundestages führen können
  • es dürfen keine dauerhaften völkervertragsrechtliche Mechanismen etabliert werden, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind.
  • jede ausgabenwirksame solidarische Hilfmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden.
  • auch bei der Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln muss hinreichender parlamentarischer Einfluss gesichert werden
  • die europäischen Verträge stehen der nationalen Haushaltsautomnomie nicht entgegen, sondern sie setzen deren Beachtung gerade voraus und erfordern eine hinreichende demokratische Legitimation.
  • Das maximale Gewährleistungsrisiko von 170 Mrd € scheint nicht den Bundeshaushalt zu gefährden und entleert damit nicht die Haushaltsautonomie des Bundestages
  • Beide Gesetze enthalten keinen Automatismus, der das Haushaltsrecht des Bundestages entäußern würde
  • Das EFSF-Gesetz bedarf einvernehmlicher Bewilligung der Euro-Staaten und sichert dadurch den Einfluss der Bundesregierung. Allerdings verpflichtet § 1 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes die Bundesregierung lediglich dazu, sich vor der Übernahme von Gewährleistungen zu bemühen, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages herzustellen. Dies genügt nicht. Vielmehr muss vor einer Entscheidung der Bundesregierung die Zustimmung des Haushaltsausschusses eingeholt werden.

Schlussfolgerungen:

  • Vor der Übernahme von Gewährleistungen muss die Bundesregierung die Zustimmung des Haushaltsausschusses einholen
  • Der Gesetzesentwurf zum EFSF-Nachfolger ESM ist verfassungswidrig, weil er die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht einhält, sondern Ermächtigungen von unbegrenzter Höhe mit nicht absehbaren Folgen für den Bundeshaushalt enthält und damit das Wahlrecht nach Art. 38 Abs. 1 GG aushöhlt.

 

Hier die Presseerklärung im Wortlaut: 

"Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem heute verkündeten Urteil drei Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, die sich gegen deutsche und europäische Rechtsakte sowie weitere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Griechenland-Hilfe und dem Euro-Rettungsschirm richten.

Über den Sachverhalt informiert die Pressemitteilung Nr. 37/2011 vom 9. Juni 2011. Sie kann auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts eingesehen werden.

 

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass das zur Griechenland-Hilfe ermächtigende Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und das den Euro-Rettungsschirm betreffende Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz) nicht das Wahlrecht aus Art. 38 Abs. 1 GG verletzen. Der Deutsche Bundestag hat durch die Verabschiedung dieser Gesetze weder sein Budgetrecht noch die Haushaltsautonomie zukünftiger Bundestage in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise beeinträchtigt.

 

§ 1 Abs. 4 des Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetzes ist allerdings nur bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Vorschrift ist dahingehend auszulegen, dass die Bundesregierung vor Übernahme von Gewährleistungen im Sinne des Gesetzes verpflichtet ist, die vorherige Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen.

 

Im Übrigen bestimmt der Senat die verfassungsrechtlichen Grenzen für Gewährleistungsermächtigungen zugunsten anderer Staaten im Europäischen Währungsverbund.

 

Dem Urteil liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

 

I. Prüfungsumfang / Zulässigkeit

Der Senat hält die erhobenen Verfassungsbeschwerden nur insoweit für zulässig, als unter Berufung auf das durch Art. 38 GG geschützte Wahlrecht die Bürger einen Substanzverlust ihrer verfassungsstaatlich gefügten Herrschaftsgewalt durch weitreichende oder gar umfassende Übertragungen von Aufgaben und Befugnissen des Bundestages rügen. Art. 38 Abs. 1 GG schützt davor, dass Kompetenzen des gegenwärtigen oder eines künftigen Bundestages ausgehöhlt werden und damit die Verwirklichung des politischen Willens der Bürger rechtlich oder praktisch unmöglich gemacht wird. Eine solche Entwertung des Wahlaktes droht grundsätzlich dann, wenn Gewährleistungsermächtigungen zur Umsetzung von Verbindlichkeiten, die die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen internationaler Übereinkünfte zur Erhaltung der Liquidität von Staaten der Währungsunion eingeht, ausgesprochen werden. Der Senat konnte offenlassen, unter welchen Voraussetzungen Verfassungsbeschwerden gegen außervertragliche Änderungen des primären Unionsrechts auf Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gestützt werden können. Die Beschwerdeführer haben insofern keinen konkreten Zusammenhang dargelegt, der auf eine außervertragliche Änderung des primären Unionsrechts infolge der angegriffenen Maßnahmen hindeutet. Auch im Hinblick auf eine mögliche Verletzung des Eigentumsgrundrechts (Art. 14 GG) haben die Beschwerdeführer nicht hinreichend Tatsachen vorgetragen aus denen sich ergibt, dass von den angegriffenen Maßnahmen eine objektive Beeinträchtigung der Kaufkraft des Euro von erheblichem Umfang ausgehen könnte. Soweit die Verfassungsbeschwerden nicht nur die beiden einschlägigen Gesetze des Deutschen Bundestages angreifen, sind sie unzulässig, weil es an einem tauglichen Beschwerdegegenstand fehlt.

 

II. Prüfungsmaßstab

Art. 38 GG fordert in Verbindung mit den Grundsätzen des Demokratieprinzips (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG), dass die Entscheidung über Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand als grundlegender Teil der demokratischen Selbstgestaltungsfähigkeit im Verfassungsstaat in der Hand des Deutschen Bundestages bleibt. Auch in einem System intergouvernementalen Regierens müssen die Abgeordneten als gewählte Repräsentanten des Volkes die Kontrolle über fundamentale haushaltspolitische Entscheidungen behalten. Insofern ist es dem Deutschen Bundestag untersagt, finanzwirksame Mechanismen zu begründen, die zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne erneute konstitutive Zustimmung des Bundestages führen können. Es ist insoweit auch dem Bundestag als Gesetzgeber verwehrt, dauerhafte völkervertragsrechtliche Mechanismen zu etablieren, die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen, vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind. Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden. Auch bei der Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln muss hinreichender parlamentarischer Einfluss gesichert sein.

 

Der Senat, dem im Hinblick auf die prozessuale Ausgangslage eine Prüfung der beanstandeten Gesetze an unionsrechtlichen Bestimmungen verwehrt war, weist gleichwohl darauf hin, dass die bestehenden europäischen Verträge einem Verständnis der nationalen Haushaltsautonomie als einer wesentlichen, nicht entäußerbaren Kompetenz der unmittelbar demokratisch legitimierten Parlamente der Mitgliedstaaten nicht entgegenstehen, sondern sie im Gegenteil voraussetzen. Die strikte Beachtung der europäischen Verträge gewährleistet, dass die Handlungen der Organe der Europäischen Union in und für Deutschland über eine hinreichende demokratische Legitimation verfügen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die vertragliche Konzeption der Währungsunion als Stabilitätsgemeinschaft Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes ist, wie dies der Senat bereits mit der Maastricht-Entscheidung deutlich gemacht hat (BVerfGE 89, 155 <205>).

 

III. Subsumtion

Das Bundesverfassungsgericht kann sich bei der Feststellung einer verbotenen Entäußerung der Haushaltsautonomie nicht mit eigener Sachkompetenz an die Stelle des Gesetzgebers setzen. Es hat seine Prüfung hinsichtlich des Umfangs der Gewährleistungsübernahme auf evidente Überschreitungen äußerster Grenzen zu beschränken. Dem Gesetzgeber kommt hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, für Gewährleistungen einstehen zu müssen, insofern ein Einschätzungsspielraum zu, den das Bundesverfassungsgericht zu respektieren hat. Entsprechendes gilt für die Abschätzung der künftigen Tragfähigkeit des Bundeshaushalts und des wirtschaftlichen Leistungsvermögens der Bundesrepublik Deutschland. Unter Berücksichtigung dieses gesetzgeberischen Einschätzungsvorrangs und gemessen an den zulässigerweise angelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben erweist sich sowohl das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz als auch das Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Bundestag hat sein Budgetrecht nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise entleert und den substantiellen Bestimmungsgehalt des Demokratieprinzips nicht missachtet.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Höhe der übernommenen Gewährleistungen die haushaltswirtschaftliche Belastungsgrenze derart überschreitet, dass die Haushaltsautonomie praktisch vollständig leerliefe. Die Beurteilung des Gesetzgebers, dass die Gewährleistungsermächtigungen in Höhe von insgesamt rund 170 Milliarden Euro für den Bundeshalt tragbar seien, überschreitet nicht seinen Einschätzungsspielraum und ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für seine Erwartung, dass selbst im Fall der vollständigen Realisierung des Gewährleistungsrisikos die Verluste über Einnahmesteigerungen, Ausgabenkürzungen und über längerfristige Staatsanleihen noch refinanzierbar wären.

 

Derzeit besteht auch keine Veranlassung, einen unumkehrbaren Prozess mit Konsequenzen für die Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages anzunehmen.

Das deutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Maastricht in der Fassung des Vertrags von Lissabon gewährleistet nach wie vor verfassungsrechtlich hinreichend bestimmt, dass sich die Bundesrepublik Deutschland keinem unüberschaubaren, in seinem Selbstlauf nicht mehr steuerbaren Automatismus einer Haftungsgemeinschaft unterwirft.

 

Keines der beiden angegriffenen Gesetze begründet oder verfestigt einen Automatismus, durch den der Bundestag sich seines Budgetrechts entäußern würde.

Das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz beschränkt die Gewährleistungsermächtigung der Höhe nach, bezeichnet den Zweck der Gewährleistung, regelt in gewissem Umfang die Auszahlungsmodalitäten und macht bestimmte Vereinbarungen mit Griechenland zur Grundlage der Gewährleistungsübernahme. Damit ist die Gewährleistungsermächtigung weitgehend inhaltlich bestimmt.

 

Das Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz legt nicht nur Zweck und Grundmodalitäten, sondern auch das Volumen möglicher Gewährleistungen fest. Deren Übernahme ist nur in einem bestimmten Zeitraum möglich und wird von der Vereinbarung eines wirtschafts- und finanzpolitischen Programms mit dem betroffenen Mitgliedstaat abhängig gemacht. Dieses bedarf einvernehmlicher Billigung der Staaten des Euro-Währungsgebiets, wodurch der Bundesregierung ein bestimmender Einfluss gesichert ist. Allerdings verpflichtet § 1 Abs. 4 Satz 1 dieses Gesetzes die Bundesregierung lediglich dazu, sich vor der Übernahme von Gewährleistungen zu bemühen, Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages herzustellen. Dies genügt nicht. Zur Gewährleistung der parlamentarischen Haushaltsautonomie bedarf es vielmehr einer verfassungskonformen Auslegung dieser Regelung dahingehend, dass die Bundesregierung grundsätzlich verpflichtet ist, vor Übernahme von Gewährleistungen jeweils die vorherige Zustimmung des Haushaltsausschusses einzuholen."