(aktualisiert 12.01.2014)

Überschuldung

Hinweis: Keine Gewähr oder Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit. Wir bieten weder Rechtsberatung noch Steuerberatung an. Wenden Sie sich dazu unbedingt an Ihren Berater. Die folgenden Darstellungen dienen lediglich der rein wirtschaftlichen Orientierung.

 

Übersicht:

 

  • Gesetzliche Definition
  • Ursachen für die Überschuldung
  • Ermittlung der Überschuldung nach IDW FAR 1/1996

Gesetzliche Definition

§ 19 Absatz 2 InsO

 

  • Überschuldung liegt vor, wenn
    • das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt
    • es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (Ausnahme galt ab 18.10.2008 bis zunächst 31.12.2013 aufgrund des mit der Finanzkrise verbundenen Artikel 6 Absatz 3 Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17.10.2008. Befristung aufgehoben mit Artikel 18 Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05.12.2012. Diese Regelung gilt jetzt unbefristet.)
  • Forderungen
    • auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder
    • aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen entsprechen,
    • für die gemäß § 39 Absatz 2
    • zwischen Gläubiger und Schuldner
    • der Nachrang im Insolvenzverfahren
    • hinter die in § 39 Absatz 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen (nachrangige Forderungen)
      • Zinsen und Säumniszuschläge nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
      • Kosten der Gläubiger, die durch die Teilnahme am Verfahren ihnen entstehen
      • Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung führen
      • Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen (nicht jedoch Sanierungsdarlehen bis zur nachhaltigen Sanierung)
    • vereinbart worden ist,
    • sind nicht bei den Verbindlichkeiten anzurechnen

Hauptursachen für die Überschuldung

Destatis 2008

 

28,2 % Arbeitslosigkeit

13,8 % Trennung, Scheidung, Tod des Partners/der Partnerin

10,7 % Erkrankung, Sucht, Unfall

  9,4 % Unwirtschaftliche Haushaltsführung

  9,3 % Gescheiterte Selbstständigkeit

  4,1 % Gescheiterte Immobilienfinanzierung

  3,5 % Unzureichende Art der Kredit- oder Bürgschaftsberatung

  2,2 % Verpflichtung aus Bürgschaft, Übernahme, Mithaftung

18,8 % Sonstige

Ermittlung der Überschuldung

nach IDW FAR 1/1996

Institut der Wirtschaftsprüfer IDW

Gliederung

  1. Grundlagen der Überschuldungsprüfung
  2. Aufbau und Bestandteile der Überschuldungsprüfung
  3. Fortbestehensprognose
    1. Ausgangspunkt Unternehmenskonzept
    2. Umsetzung der Finanzplanung
    3. Ableitung der Fortbestehensprognose
  4. Überschuldungsstatus
    1. Ansatz und Bewertung im Status
    2. Ansatz- und Bewertungsgrundstäze bei negativer Fortbestehensprognose
    3. Ansatz- und Bewertungsgrundsätze bei negativer Fortbestehensprognose
  5. Beurteilung des Vorliegens der Überschuldung
  6. Dokumentation und Nachvollziehbarkeit

 

Inhalt

  • Der Eintritt einer bilanziellen Überschuldung ist stets Anlass, zu prüfen, ob auch eine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliegt.
  • Feststellung der Fortbestehensprognse
    • Unternehmenskonzept
      • Zielvorstellungen und Strategien
      • mit oder ohne Veräußerung betriebsnotwendigen Vermögens
      • basierend auf aktuellen Informationen
    • Finanzplanung
      • Finanzplan und Ergebnisplan
      • Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen
      • Prognosezeitraum 12 Monate
      • Detailtiefe je nach Art der Krise (Strategische Krise, Ertragskrise, Liquididätskrise)
      • Sensitivitätsanalysen und Szenarien unter verschiedenen Prämissen
      • Auftragsbestand
      • Schulden
      • Rationalisierung
      • Forderungsverzichte
      • Zahlungszeitpunkte
      • Verwertung stiller Reserven
    • Ableitung der Fortbestehensprognose
  • Es ist ein Überschuldungsstatus aufzustellen
    • handelsrechtliche Grundsätze sind nicht anzuwenden
  • Bei positiver Fortführungsprognose gelten folgende Werte:
    • Vermögenswerte und Schulden sind mit dem Betrag anzusetzen, der ihnen als Bestandteil des Gesamtkaufpreises de Unternehmens bei Unternehmensfortführung beizulegen wäre (Zeitwerte)
    • Stille Reserven und Lasten sind aufzudecken
    • Vom Unternehmen selbst geschaffene immaterielle Werte (z.B. Makrenrechte, Know-how, Kostenvorteile durch z.B. Mietvertrag) sind anzusetzen
    • Firmenwert kann angesetzt werden, wenn bei einem Verkauf mit einer entsprechenden Vergütung zu rechnen ist
    • Der angesetzte Wert der einzelnen Vermögengegenstände darf niemals den Barwert der zuzordnenden zukünftigen Einzahlungsüberschüsse übersteigen

Zitate

 

1. Grundlagen der Überschuldensprüfung

  • Nach der gesetzlichen Definition liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Unternehmens seine bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt
  • Die Unternehmensleitung ist in diesem Fall verpflichtet, ohne schuldhaftes Zägern - spätestens aber nach drei Wochen - die Eröffnung des Isolvenzverfahrens zu beantragen, sofern Sanierungsbemühungen nicht zum Erfolg führen
  • Die Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrages wegen Überschuldung bezweckt im Interesse der Gläubiger des Unternehmens eine zeitliche Vorverlagerung der Antragstellung vor den Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit.
  • Diese - vorgelagerte - Auslösung der Insolvenzantragspflicht verfehlt jedoch das Ziel des Gläubigerschutzes, wenn in der vorhersehbaren Zukunft ein gesichertes Überleben des Unternehmens mit planmäßiger und fristgerechter Bedienung der Forderungen der Gläubiger gewährleistet ist.
  • Die Beurteilung der Zukunftsaussichten ist daher Bestandteil jeder Überschuldungsrechnung.
  • Damit geht zwangsläufig ein Prognoseelement und somit ein Moment der Unsicherheit in die Überschuldungsprüfung ein.
  • Durch systematisches Vorgehen und sachgerechte Erstellung der Prognose wird dies zwangsläufige Unsicherheit eingegrenzt.
  • Die Überschuldungsprüfung wird damit zugleich für sachverständige Dritte nachvollziehbar und beurteilbar.
  • Aus der gleichlautenden Definition des Begriffs der Überschuldung für Aktiengesellschaften, GmbHs, Genossenschaften und Personenenhandelsgesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, ergibt sich, dass für die Überschuldungsprüfung rechtsformübergreifenden Grundsätze Anwendung finden.
2. Aufbau und Bestandteile der Überschuldungsprüfung
  • Angesichts lediglich rudimentärer gesetzlicher Regelung ist die Unernehmensleitung in der inhaltlichen Ausgestaltung der Überschuldungsprüfung weitgehend frei.
  • Zur Erreichung eines begründeten Urteils ist jedoch ein sachgerechtes, methodisches Vorgehen erforderlich.
  • Im Hinblick auf die Haftungsrisiken für geschäftsführende Organe wird empfohlen,die angestellten Überlegungen in Form einer Überschuldungsprüfung schriftlich zu dokumentieren.
  • Wirtschaftsprüfer, die mit entsprechenden Feststellungen beauftragt sind, werden diese im Regelfall auf Basis der nachstehend dargestellten Grundsätze der Überschuldungsprüfung treffen
  • Der Überschuldungstatbstand erfordert in aller Regel eine zweistufige Überschuldungsprüfung:
    1. In der ersten Stufe sind die Überlebenschancen des Unternehmens in einer Fortbestehensprognose zu beurteilen. Dabei ist auszugehen von einem Unternehmenskonzept. Die zahlenmäßigen Auswirkungen der Umsetzung des Konzeptes werden in der Finanzplanung unter dem Gesichtspunkt der Liquidität abgebildet. Diese Finanzplanung bildet sodann die Grundlage zur Beurteilung der Fortbestehensprognose. Das Ergebnis der Fortbestehensprognose gibt Aufschluss darüber, ob das Unternehmen in der konzeptmäßigen Form fortgeführt werden kann
    2. In der zweiten Stufe sind Vermögen und Schulden des Unternehmens in einem stichtagsbezogenen Status gegenüberzustellen. Die im Rahmen der Fortbestehensprognose getroffenen Annahmen prägen zugleich Ansatz und Bewertung im Status.
  • Die Teile der Überschuldungsprüfung stehen in einem sachlogischen inneren Zusammenhang.
  • Aktualisierte Ausgangsdaten und veränderte Annahmen erfordern daher grundsätzlich eine erneute Überschuldungsprüfung.
  • Nicht tragfähige oder überholte Konzepte und Planungen sind sachgerecht zu überarbeiten und mit realistischen Prämissen fortzuschreiben.
  • In Unternehmen, in deren derartige Unternehmenskonzepte und Planungen mit präzise beschriebenen Eckdaten nicht vorliegen oder überholt sind, müssen diese als Basis der Überschuldungsprüfung erstellt bzw. aktualisiert werden.
  • Ausmaß und Stadium der Unternehmenskrise (z.B. Umsatzrückgänge, Höhe der Verluste in Jahres- oder Zwischenabschlüssen, Liquiditätsprobleme, erheblich Forderausfälle, Wertminderungen bei Warenbeständen oder Wertpapieren) bestimmen Zeitpunkt, Häufigkeit, Fortschreibung und Detaillierungsgrad der Überschuldungsprüfung.
  • Mit zunehmender Unternehmensgefährdung steigen die Anforderungen an die fortlaufende Aktualisierung der Überschuldungsprüfung.
  • Sofern der Eintritt wesentlicher Annahmen nicht überwiegend wahrscheinlich ist, empfiehlt es sich, hinsichtlich dieser Annahmen Alternativbetrachtung (Sensivitätsanalysen) anzustellen, um das Risiko eines Fehlprognose zu mindern.
  • Ausnahmen von der beschriebenen Vorgehensweise kommen in Btracht, wenn einfach zu prüfende Sachverhalte eine Überschuldung ausschließen.
  • Dies kann bspw. der Fall sein, wenn eine rechtlich verbindliche und hinreichend werthaltige Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens durch die Konzernmutter oder den Hauptgesellschafter nachgewiesen wird.
  • Die Erstellung der Fortbestehensprognose ist auch entbehrlich, wenn bei gegebener Liquidität der Ansatz zu Zerschlagungswerten eine Überschuldung ausschließt, weil bereits ein Wert einzelner Vermögensteile die Verpflichtungen offensichtlich übersteigt.
  • Eine derartige Konstellation kann insbesondere bei umfangreichem nicht belasteten Grundbesitz gegeben sein.
  • Es ist in diesem Zusammenhang jedoch zu beachten, dass diese vereinfachte Form der Überschuldungsprüfung nur bei Ansatz von Liquidationswerten möglich ist und dass daher gleichzeitig die im Liquidationsfall zusätzlich entstehenden Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.
  • In den beiden genannten Fällen sind die Umständem, die eine Überschuldungsprüfung im üblichen Umfang entbehrlich erscheinen lassen, sorgfältig nachzuweisen und zu dokumentieren.

3. Fortbestehensprognose

3.1 Ausgangspunkt Unternehmenskonzept

  • Im Unternehmenskonzept werden die Zielvorstellungen und Strategien, der Gestaltungsrahmen und die beabsichtigten Handlungsabläufe dargestellt.
  • Er beschreibt verbal den geplanten Soll-Verkauf des Unternehmens.
  • Das Konzept kann grundsätzlich die Unternehmensfortführung, ggf. unter Veräußerung von zur Fortführung nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile, oder die Verwertung vorsehen. 
  • Im Rahmen dieser grundsätzlichen Unternehmensverläufe sind im Einzelfall mannigfaltige Variationen möglich, die insbesondere von der Ursache sowie vom Stand und Ausmaß der Unternehmenskrise abhängen.
  • Nur ein Unternehmenskonzept, das schlüssig auf geeigneten Unterlagen (wie Marktanalysen, vertriebsorganisatorischen Planungen usw.) beruht und vor dem personellen, sachlichen, fachlichen und finanziellen Hintergrund des Unternehmens realisierbar erscheint, kann der Fortbestehensprognose zugrunde gelegt werden.
3.2 Umsetzung in der Finanzplanung
  • Auf Basis des Unternehmenskonzeptes werden die Planansätze beziffert, die über die Ergebnisplanung schließlich in die Finanzplanung münden.
  • Mit der Finanzplanung wird beurteilbar, ob und ggf. wie das Unternehmen seine fälligenZahlungspflichten im Prognosezeitraum erfüllen kann.
  • Der Finanzplan ist daher das maßgebliche Instrument, das auf Grundlage der getroffenen Annahmen und der ggf. erforderlichen Unternehmensteilpläane die Tragfähigkeit des Fortführungs- oder Verwertungskonzeptes anhand der erwarteten Zahlungsströme dokumentiert.
  • Der erforderliche Detaillierungsgrad (z.B. quartals- oder wochenweise Planung) wird vom Ausmaß der Unternehmskrise und der bereits eingetretenen sowie die erwarteten Liquiditätsanpassung bestimmt.
  • Der anhand der Planungen zu beurteilende Zeitraum beginnt mit dem Stichtag des Überschuldungsstatus und wird mindestens 12 Monate umfassen, da kürzere Zeträume keine ausreichende Basis für eine Fortführungsprognose bilden.
  • Bei einem innerjährlichen Stichtag für den Status wird empfohlen, der Prognose das laufende und das folgende Geschäftsjahr zugrunde zu legen.
  • Für Unternehmen mit längerem Produktionszyklen (Langfristfertigung) können längere Prognosezeiträume sachgerecht sein.
  • Amn Stichtag vorhandene Rahmenbedingungen (Auftragsbestände, Dauerschuldverhältnisse usw.) und Gestaltungselemente (z.B. angebahnte Rationalisierungsmaßnahmen) sind im Zeitablauf unter Beachtung der jeweiligen Einzahlungs- und Auszahlungszeitpunkte nachzuweisen bzwl.plausibel darzulegen.
  • Eingeleitete oder beabsichtigte Maßnahmen ur Sanierung und Liquiditätssicherung, wie z.B.  die Mobilisierung stiller Reserven, sind mit ihren Auswirkungen auf die Finanzlage des Unternehmens in die Betrachtung einzubeziehen, wenn zu erwarten ist, dass die beabsichtigten Effekte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten werden.
  • Snaierungsmaßnahmen, die von Entscheidungen außerhalb des Unternehmens abhängen, wie z.B. Kapitalerhöhungen oder Forderungsverzichte, dürfen in der Finanzplanung nur berücksichtigt werden, wenn deren Realisierung hinreichend gesichert erscheint.
3.3 Ableitung der Fortbestehungsprognose
  • Die Fortbestehensprognose ist das qualitative, wertende Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des Unternehmens in der vorhersehbaren Zukunft bzw. über dessen Verwertungsaussichten.
  • Sie wird auf Grundlage des Unternehmenskonzeptes und der Finanzplanung getroffen.
  • Eine positive Fortbestehensprognose setzt die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens voraus.
  • Dies ist als gegeben anzusehen, wenn die Finanzplanung des Unternehmens plausibel macht, dass das finanzielle Gleichgewicht im Prognosezeitraum gewahrt bleibt oder wiedererlangt wird.
  • Dem Fortbestehen des Unternehmens steht nicht entgegen, wenn eine Teilliquidation (Veräußerung von konzeptmäßig nicht betriebsnotwendigen Vermögensteilen) erforderlich ist.
  • Eine negative Fortbestehensprognose ist zu treffen, wenn sich aus der Finanzplanung für den Prognosezeitraum eine finanzielle Unterdeckung ergibt.
  • In diesen Fällen ist die Realisierbarket eines Liquidationskonzeptes zur Abwendung des Insolvenzverfahrens zu prüfen.
  • Dabei sind, ausgehend von einem entsprechend geänderten Unternehmenskonzept, die zahlenmäßigen Auswirkungen der angenommenen Verwertungsintensität (Veräußerung von Teilbetrieben bis zur Einzelveräußerung) und der Verwertungsgeschwindigkeit (stille Liquidation bei weiterlaufendem Geschäftsbetrieb bis hin zur sofortigen Zerschlagung) in der Finanzplanung abzubilden.

4. Überschuldungsstatus

4.1 Ansatz und Bewertung im Status

  • Die Beurteilung, ob eine Überschuldung vorliegt, wird auf der Grundlage einer Gegenüberstellung des Vermögens und der Schuldne in einem stichtagsberogenen Status (Überschuldungsstatus) vorgenommmen.
  • Das Ergebnis der Fortführungsprognose prägt dabei die dem Überschuldungsstatus zugrunde liegenden Ansatz- und Bewertungsgrundsätze.
  • Mangels spezieller gesetzlicher Vorschriften sind die Ansatz- und Bewertungsgrundsätze im Überschuldungsstatus am Zweck der Überschuldungsprüfung zurichten.
  • Die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsgrundsätze, wie z.B. Anschaffungskosten-, Imparitäts-, Realisations- und Vorsichtsprinzip sind daher nicht maßgeblich.
  • Die Ansatzfähigkeit der grundsätzlich durch Inventur vollständig zu erfassenden Vermögenswerte und Schulden wird bestimmt durch deren Verwertbarkeit im Rahmen des zugrunde liegenden Unternehmskonzeptes.
  • Der Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes ist dabei von herausragender Bedeutung.
  • Praktischer Ausgangspunkt für die Erstellung des Überschuldungsstatus ist regelmäßig eine zeitnahe Handelsbilanz.
  • In den Überschuldungsstatus sind ggf. jedoch auch nicht in der Handelsbilanz erfasste Vermögenswerte und Schulden aufzunehmen, für die am Stichtag der Überschuldungsprüfung eine vertragliche oder tatsächliche Basis vorliegt.
  • So sind im Status z.B. die Auswirkungen aus der Abwicklung des Auftragsbestandes sowie aus der Vermarktung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse zu berücksichtigen.
  • Auch Kosten eines beabsichtigten Sozialplans sind als Schuldposten anzusetzen, selbst wenn eine entsprechende Betriebsvereinbarung noch nicht vorliegt. 
  • Tatsächliche und rechtliche Verhältnissse am Stichtag, wie z.B. gesetzliche oder behördliche Auflagen, sind ebenfalls zu berücksichtigen.
  • Vermögenswerte und Schulden sind im Überschuldungsstatus zu Zeitwerten anzusetzen.
  • In Abhängigkeit vom Ergebnis der Fortbestehensprognose kommen als Zeitwerte entweder Fortführungs- oder Veräußerungswerte in Betracht.
  • Bei positiver Fortbestehhensprognose sind grundsätzlich Fortführungswerte anzusetzen; ggf. konzeptgemäß zu veräußernde Unternehmensteile sind mit den voraussichtlichen (Netto-)Veräußerungswerten anzusetzen.
  • Im Falle der Liquidation des gesamten Unternehmens (Verwerrtung auerhalb eines Insolvenzverfahrens) sind die Vermögenswerte mt ihren voraussichtlichen (Netto-)Veräußerungswerten anzusetzen, die ihnen im Rahmen der Verwertungsstrategie beizumessen sind.
  • Bei Anwendung dieser Bewertungsgrundsätze ist das Stichtagsprinzip des Überschuldungsstatus zu beachten, wonach nur die am Stichtag bereits vorhandenen Reserven und Lasten aufzudecken sind.
4.2 Ansatz- und Bewertungsgrundsätze bei positiver Fortbestehensprognose
  • Die Vermögenswerte und Schuldne sind grundsätzlich mit dem Betrag anzusetzen, der ihnen als Bestandteil des Gesamtkaufpreises des Unternehmens bei konzeptgemäßer Fortführung beizulegen wäre.
  • Es sind daher die stillen Reserven und Lasten der handelsrechtlich bilamnzierten Aktiva und Passiva aufzudecken.
  • Außerdem werden handelsrechtlich nicht bilanzierungsfähige oder einem Bilanzierungsverbot unterworfene selbständig verwertbare Vermögenswerte sowie ggs. die aus der Geschäftstätigkeit resultierenden Belastungen im Überschuldungsstatus angesetz.
  • Als Vermögenswerte sind im Überschuldungsstatus daher auch für Dritte verwertbare, von der Rechtsordnung geschützte Rechtspositionen anzusetzen, wie z.B. vom Unternehmen selbst geschaffene immaterielle Werte (Markenrechte, Know.how).
  • Außerdem können für Dritte verwertbare Kosntenvorteile im Überschuldungsstatus angesetzt werden. Solche Kostenvorteile können z.B. in einem günstigen langfristigen Mietvertrag für bevorzugte Standorte bestehen, die das Unternehmen selbst konzeptgemäß aufgeben will.
  • Dabei ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob eine Verwertung rechtlich und tatsächlich möglich ist.
  • Falls dem Unternehmen nach Ansatz der erwähnten selbstgeschaffenen immateriellen Werte darüber hinaus noch ein Firmenwert zuzumessen ist, gelten für dessen Ansatz und Bewertung strenge Maßstäbe, da es sich nicht um einen selbständig verwertbaren Vermögenswert handelt.
  • Es ist daher eine konkrete Veräußerungsmöglichkeit für das Unternehmen als Ganzes oder eines entsprechenden Unternehmensteiles nachzuweisen.
  • Nur in diesen Fällen ist der Firmenwert - ggf. anteilig - auf der Grundlage objektiver Maßstäbe) bestimmbar und dessen Ansatz auch unter Gläubigerschutzgesichtspunkten zu rechtfertigen.
4.3 Ansatz- und Bewertungsgrundsätze bei negativer Fortbestehensprognose
  • Die Vermögenswerte und Schulden sind unter Liquidationsgesichtspunkten zu ihrem Veräußerungswerten anzusetzen. Mit der Liquidation des Unternehms im Zusammenhang stehende Kosten und steuerliche Lasten sind grundsätzlich zu berücksichtigen.
  • Die der Verwertungsprognose zugrunde liegende Verwertungsstrategie bestimmt Liquidationsintensität und Liquidationsgeschwindigkeit.
  • Der Grad der Zerschlagung der Unternehmensteile sowie der Zeitraum, in dem die Verwertung der Unternehmensteile erfolgen soll, prägen dabei maßgeblich die Höhe der Veräußerungserlöse.
  • Die für die Liquidation zur Verfügung stehende Zeit stellt insbesonder dann eine entscheidende Restriktion dar, wenn der Finanzplan ohne Ansatz von Liquidationserlösen für die nähere Zukunft nachhaltige Zahlungsengpässe ausweist.
  • Bei der Ermittlung der Liquidationswerte ist auf Grundlage von Unternehmenskonzept und Finanzplanung von der jeweils wahrscheinlichsten Verwertungsmöglichkeit auszugehen.

5. Beurteilung des Vorliegens der Überschuldung

  • Sofern nicht bereits in vorgelagerten Prüfungsschritten das Vorliegen der Überschuldung eindeutig verneint werden konnte, erfolgt die abschließende Beurteilung, ob Überschuldung vorliegt, auf der Grundlage des Überschuldungsstatus.
  • Be inegativen Reinvermögen im Überschuldungsstatus liegt der gesetzlich linierte insolvenzauslösende Tatbestand der Überschuldung vor.
  • Dies gilt abhängig davon, ob dem Ansatz und der Bewertung des Überschuldungstatus eine positive oder negative Fortbestehensprognose zugrunde liegt.
  • Wegen der Tragweite des insolvenzauslösenden Tatbestades empfiehlt es sich, die abschließende Beurteilung durch umfangreiche Plausibilitätsprüfungen zu allen Bestandteilen der Überschuldungsprüfung abzusichern.
  • Bei positivem Reinvermögen aber negativer Fortbestehensprognose liegt drohende Überschuldung vor.
  • Es besteht damit zwar noch keine Insolvenzantragspflicht, doch ist die negatibe Fortbestehensprognose als massives Warnsignal aufzufassen.
  • Bei diesen Unternehmen droht im Zeitablauf der Verlsut des am Stichtag noch vorhandenen Reinvermögens und/der Zahlungsunfähigkeit.
  • Im Fall drohender Überschuldung sind ebenfalls sorgfältige Plausibilitätsprüfungen der einzelnen Bestandteile der Überschuldungsprüfung, ergänzt um Sensitivitätsbetrachtungen für die wesentlichen Annah,em der Fortbestehensprognose, erforderlich.
  • Für die Zukunft ist darüber hinaus eine engmaschige und intensive Überprüfung der Überschuldung sowie die fortlaufende Aktualisierung der Bestandteile der Überschuldungsprüfung vorzusehen.
  • Bei positivem Reinvermögen und positiver Fortbestehensprognose liegt keine Überschuldung vor, da die Wahrung des finanziellen Gelichgewichts in der vorhersehbaren Zukunft als gegenbe anzusehen sind.
  • Das positibe Reinvermögen dolumentiert zudem eine unter dem Gesichtspuntk des Gläubigerschutzes ausreichend vorhandene und verwertbare Vermögensmasse.
6. Dokumentation und Nachvollziehbarkeit
  • Die wesentlichen Prämissen und Bestandteile der Überschuldungsprüfung sind ausreichend zu dokumentieren und zu erläutern. 
  • Nur wenn die tatsächlichen Umstände sowie die maßgeblichen Annahmen, Prüfungsschritte und Schlussfolgerungen inhaltlich geordnet und rechnerisch nachgewiesen in schriftlicher Form vorliegen, wird das Ergebnis der Überschuldungsprüfung für einen sacherständigen Dritten nachvollziehbar und beurteilbar.
  • Dokumentation und Nachvollziehbarkeit tragen insoweit auch zur Minderung der Haftungsrisiken bei.
  • Ausmaß und Schwere der Unternehmenskrise bestimmen Umfang und Detaillierungsgrad der erforderlichen Dokumentation.
  • Sind angesichts der sich abzeichnenden Unternehmenskrise nuur geringfügige Modifikationen am bisherigen Unternehmsnkonzept erforderlich, so sind vor allem die Plausibilität und Widerspruchsfreiheit des geänderten Konzepts bedeutsam und zu dokumentieren.
  • Ist nach Einschätzung der Verantwortlichen hingegen angesichts einer akuten Unternehmenskrise ein umfassendes Sanierungskonzept zur Aufrichterhaltung des finanziellen Gleichgewichts erforderlich, mit dem zugleicht auch unternehmensinterne Krisenursachen beseitigt werden sollen, sind darüber hinaus die Anforderungen an Sanerungskonzepte zu beachten.