(aktualisiert am 09.07.2011)

Gesetzgebungsverfahren

Häufig stellt sich die Frage, wie Gesetze überhaupt zu Stande kommen. Im Folgenden wird das komplizierte Verfahren dargestellt.

 

Übersicht:

  • Gesetzesintitiativen
  • Bundestagsbeschlüsse
  • Bundesratsbeschlüsse
  • Vermittlungsausschüsse
  • Prüfung und Unterzeichnung durch Bundespräsidenten
  • Verkündung im Bundesgesetzblatt
  • Inkrafttreten

Gesetzesinitiativen

Gesetzesvorlagen können von folgenden Institutionen eingebracht werden:

  • Bundestag
    • durch Bundesregierung
    • aus der Mitte des Bundestages
  • Bundesrat

Üblich sind bei Gesetzesintitiativen des Bundestags (in Form von Bundestagsdrucksachen) - je nach Stadium der Konkretisierung eines Gesetzesprojektes - folgende Arten von Gesetzesentwürfen: Diskussionsentwürfe zur Einholung von Stellungnahmen von Verbänden, Referentenentwürfe aus den federführenden Ministerien, Regierungsentwürfe auf der Stufe der Regierungsparteien oder Kabinettsbeschlüsse von Gesetzesentwürfen zur Einbringung im Bundestag. Bei Gesetzesvorlagen aus der Mitte des Bundestages

handelt es sich in der Praxis um sog. Fraktionsentwürfe der Oppositionsparteien. Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten, der 6 Wochen (max. 9 Wochen) Zeit zur Stellungsnahme hat. Die Bundesregierung kann bei ausnahmsweise als besonders eilbedürftig gezeichneten Gesetzen die Vorlagen nach 3 Wochen an den Bundestag weiterleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht vorliegt. Vorlagen des Bundesrates hat die Bundesregierung innerhalb von 6 Wochen dem Bundestag zuzuleiten. (Art. 76 GG)

 

Bundestagsbeschlüsse:

In der Regel durchlaufen Gesetzesentwürfe im Bundestag 3 Beratungen:

  1. Lesung: Aussprache, wenn von Ältestenrat oder 5% der Abgeordneten verlangt; Weiterleitung an Fachausschüsse;
  2. Lesung: Allg. Aussprache und ggf. Einzelausprache auf Basis der Bundestagsdrucksache, ggf. Änderungsanträge von Abgeordneten oder Fraktionen; neue Bundestagsdrucksache, wenn Plenum eine Änderung beschlossen hat;
  3. Lesung: Erneute Aussprache, wenn deine Fraktion oder 5% der Abgeordneten verlangt; ggf. Änderungsanträge von einer Fraktion oder 5% der Abgeordneten; Schlussabstimmung; bei Annahme (einfache Mehrheit) Weiterleitung an den Bundesrat

Wurde bei einem nicht vom Bundesrat zustimmungspflichtigen Gesetz einem eventuellen Einspruch des Bundesrates nicht abgeholfen, so muss das Gesetz im Bundestag mit absoluter Mehrheit (> 50%) beschlossen werden.


Bundesratsbeschlüsse:

Soweit ein Gesetz nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann der Bundesrat nach Beendigung des Vermittlungsverfahrens Einspruch gegen das Gesetz einlegen (Art. 77 Abs. 3 GG). Wird der Bundesratseinspruch mit Stimmenmehrheit beschlossen, so kann der Beschluss mit Mehrheit der Bundestagsmitglieder zurückgewiesen werden. Hat der Bundesrat den Einspruch mit mind. Zweidrittelstimmenmehrheit beschlossen, so bedarf die Zurückweisung durch den Bundestag einer Zweidrittelmehrheit der Bundestagsmitglieder (Art. 77 Abs.4 GG). Ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz kommt nach Art. 78 GG zu Stande, wenn ...:

  • der Bundesrat zustimmt,
  • keinen Antrag auf Vermittlungsverfahren stellt,
  • keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder
  • der Einspruch vom Bundestag überstimmt wird.

Auch muss der Bundesrat im Falle von Art. 80 II GG gewissen Rechtsverordnungen der Bundesregierung zustimmen.

 

Vermittlungsausschuss:

Die Bildung eines Vermittlungsausschusses ist nur bei Bundesgesetzen möglich. Der Bundesrat kann binnen drei Wochen nach Eingang eines Gesetzesbeschlusses vom Bundestag verlangen, dass ein Ausschuss aus nicht weisungsgebundenen Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates für die gemeinsame Beratung von Gesetzesvorlagen einberufen wird (Artikel 77 Abs. 2 S. 1 Grundgesetz). Ist die Zustimmung des Bundesrates zu einem Gesetz erforderlich, so kann auch die Bundesregierung oder der Bundestag einen Vermittlungsausschuss einberufen. Schlägt der Ausschuss eine Änderung des Gesetzesbeschlusses vor, so hat der Bundestag erneut darüber zu beschliessen. Wird kein Vermittlungsausschuss beantragt oder findet der Vermittlungsausschuss keinen Vorschlag, so hat der Bundesrat über das Gesetz zu entscheiden (Art. 77 Abs. 2a GG).

 

Prüfung und Unterzeichnung durch Bundespräsidenten:

Das beschlossene Gesetz wird zunächst gedruckt und vom Bundespräsidenten auf Verfassungsmäßigkeit geprüft. Diese Prüfung fand in der Geschichte stets nur pro Forma statt, bis Bundespräsident Köhler (2004-2010) ein Novum schuf: Am 24.10.2006 fertigte Köhler erstmals ein Gesetz nicht aus (Flugsicherungsgesetz) und dann am 08.12.2006 nochmals (Verbraucherinformationsgesetz) und schließlich verzögerte er in 2008 ein Gesetz bis zu einem Verfassungsgerichtsurteil (EU-Grundlagenvertrag).

 

Verkündung im Bundesanzeiger:

Nach Unterschrift des Bundespräsidenten wird das Gesetz im Bundesgesetzblatt und ggf. im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Damit ist das Gesetz verkündet.

 

In-Kraft-Treten:

Das Gesetz tritt in der Regel ab dem 14. Tag nach der Verkündung in Kraft. Nicht selten wird aber ein besonderes Datum im Gesetz verankert und das In-Kraft-Treten mit dem Tag der Verkündung festgelegt.