(aktualisiert 12.03.2012)

CDS Krise

Credit Default Swaps spielen in der Finanzkrise eine große Rolle. Sie sind Kreditausfallversicherungen, die es schwachen Gläubigern überhaupt noch ermöglichen Kapital aufzunehmen und Investoren helfen, ihre Risiken abzusichern. Sie werden aber auch ein Instrument der Spekulation, wenn bewußt wertlose Papiere gekauft werden, um beim sicheren Ausfall eine höhere Entschädigung zu bekommen, als der Kaufpreis betrug. Allerdings ist das nicht selbstverständlich. Denn vorher muss der Verband der Derivatehändler "International Swaps and Derivates Association" ISDA den Default (Kreditausfall) ausrufen. Wie mit den CDS Spekulation betrieben wird, zeigt die Griechenlandkrise.

 

Übersicht:

 

  • Aktuelles zur CDS Krise
  • Was sind CDS?
  • Wer versichert die CDS?
  • Wann liegt ein Credit Event vor?
  • International Swaps and Derivates Association ISDA
  • CDS in der Griechenlandkrise
  • CDS in der Europäischen Schuldenkrise
  • CDS in der Finanzkrise

Aktuelles zur CDS Krise

08. Mrz 2012 ISDA erklärt Kreditereignis

01. Mrz 2012 ISDA EMEA Determinations Committee: Noch kein Default

Was sind CDS?

Ein Credit Default Swap (CDS) ist ein Kreditderivat-Vertrag, in dem die eine Partei (Protection Buyer) eine periodische Gebühr (CDS-Spread) an die andere Partei (Protection Seller) zahlt für die Entschädigung bei Default oder einem ähnlichen Credit Event eines Referenzschuldners. Dieser ist keine Vertragspartei. Es ist nicht notwendig, dass der Protection Buyer tatsächlich einen Verlust in einem angefallenen Credit Event erleidet. CDS sind keine klassischen Kreditausfallversicherungen. Sie erfordern nämlich nicht, dass man Kreditvertragspartner ist.

 

Interessant sind CDS, weil Spekulanten den gewaltigen Leverage (Hebel) schätzen. Steigt man früh genug in ein Papier ein, so ist ein CDS relativ geringwertig. Erst wenn das Papier an Wert zu verlieren droht, steigt der Wert des CDS. Der Spekulant erhält dann beim späteren Ausstieg einen erheblichen Gewinn und musste dafür nur eine gewisse Prämie während der Haltezeit zahlen.

 

Problematisch werden CDS, wenn die Inhaber dafür sorgen, dass das Kreditereignis eintritt und sei es durch Streuung von Gerüchten.

Weitere Definitionen:

Derivate: 

Risikotransferverträge zu einem zugrundeliegenden Asset (Zinssätze, Rohstoffe, Aktien/Beteiligungen, Aktienindex, Währung oder jedes andere handelbare Instrument). Es gibt folgende Hauptarten von Derivaten:

  • Over-The-Counter Derivates "Swaps" (privat ausgehandelt)
  • Listed Derivates "Futures" (Standardverträge, börsengehandelt)
  • Cleared Derivates (gebucht über Clearing Houses)

Wer versichert die CDS?

Der Verkäufer der CDS versichert gegen eine Einmal- und laufende Gebühr (CDS-Spread) den Käufer der CDS. Bei einem Default bzw. Credit Event muss der Verkäufer der CDS den Käufer entschädigen. Meist treten Banken als Verkäufer von CDS auf und müssen die Entschädigungssummen tragen.  

Wann liegt ein Credit Event vor?

Tritt ein Default ein, so muss der Verkäufer der CDS den Käufer entschädigen. Meist handelt es sich um Banken, die für die CDS eintreten müssen.

Wer versichert CDS?

Nach ISDA zählen als (Credit Event) Kreditereignis:

  • Bankruptcy (Insolvenz, Zahlungsunfähigkeit)
  • Obligation Acceleration (Vorzeitige Fäligkeit)
  • Obligation Default (Kreditausfall)
  • Failure to Pay (Zahlungsausfall)
  • Repudiation (Bestreiten der Verbindlichkeit)
  • Moratorium (Zahlungsaufschub)
  • Restructuring (Umschuldung)

Credit Derivates Determinations Committee Rules: Übersicht

  1. Composition of Credit Derivates Determinations Committees
  2. Procedure of Credit Derivates Determinations Committees
  3. Resolution of a Convened DC
  4. External Review
  5. Additional Provisions
  6. Definitions
ISDA Credit Derivates Determination Committees Rules Nov 2011
Zur Vermeidung von Mißverständnissen und zur besseren Transparenz des Finanzsystems stellen wir diese Regeln als Download bereit, falls Sie diese auf isda.org nicht einsehen können.
DC_Rules_(July-11_2011).pdf
PDF-Dokument [284.9 KB]

International Swaps and Derivates Association ISDA

Die Derivatehändler-Vereinigung ISDA entscheidet in ihrem EMEA Determinations Committee, ob ein Kreditereignis vorliegt, das die CDS auslöst. Sie wird in der Branche als "Kartell" angesehen.

Die ISDA wurde 1985 gegründet, um die Over-The-Counter (OTC) Derivatemärkte sicher und effizient zu machen. Sie ist global vertreten und hat am 04.03.2012 819 Mitglieder (197 Primary Members, 289 Associated Members und 333 Subscriber Members). Im ISDA EMEA (Europe, Middle East, Africa) Credit Derivates Determination Committee sind folgende Finanzinstitute vertreten:

  1. Bank of America Merrill Lynch
  2. Barclays
  3. BNP Paribas
  4. Credit Suisse
  5. Deutsche Bank
  6. Goldman Sachs
  7. JPMorgan Chase
  8. Morgan Stanley
  9. UBS
  10. Société Générale
  11. Citadel Investment Group (First Term Non-dealer)
  12. D.E. Shaw Group (First Term Non-dealer)
  13. BlueMountain Capital (Second Term Non-dealer)
  14. Elliott Management Corporation (Third Term Non-dealer)
  15. PIMCO Pacific Investment Management Co.  (Second Term ND)
  16. Citibank (Consultative Dealer ohne Stimmrecht)
  17. Royal Bank of Scotland (Consultative Dealer ohne Stimmrecht)

CDS in der Griechenlandkrise

Im Rahmen des Griechenland-Rettungspakets II wurde ein privater Schuldenschnitt von 53,5% ausgehandelt. Die privaten Gläubiger erhalten eine niedrigere Couponrate (3% bis 2014, 3% bis 2020 und danach 4,3%. Abgezinst auf den gegenwärtigen Wert macht dies 75% Gläubigerverzicht aus. Dieser PSI (Private Sector Involvement) wurde im Rahmen des "Steering Committee of the Private Creditor-Investor Committee for Greece" zwischen Griechenland, dem IWF und dem Weltbankenverband IIF Institute of International Finance ausgehandelt.

 

Der Schuldenschnitt wird vollzogen, indem ein freiwilliger Anleihentausch ab dem 8. März 2012 für 3 Tage vereinbart wurde. Sollte eine Mindestbeteiligung von 66,6% (2/3) nicht erreicht werden, so würde die private Beteiligung von rund €107 Mrd und damit das gesamte Rettungspaket scheitern. Bei einer Beteiligung von über 66,6%, aber weniger als 95%, könnte Griechenland die Teilentschuldung mittels der sogenannten CAC (Collective Auction Clause) erzwingen. Dies würde aber unter Umständen ein Kreditereignis darstellen und die Fälligkeit der CDS auslösen.

 

Auf die Insolvenz Griechenlands haben viele Investoren, vor allem Hedge Funds gesetzt. Teilweise wurden Staatsanleihen nur gekauft, um später die CDS-Gewinne einzulösen. Nun könnte es sein, dass Privatgläubiger den Anleihentausch boykottieren, um an ihre CDS-Entschädigung heranzukommen. Ein gewaltiger Poker hat begonnen.

 

Tatsächlich war am 08.03.2012 die Beteiligung am privaten Schuldenschnitt nicht ausreichend (Anleihen nach griechischem Recht 85%, nach ausländischem Recht 69%), so dass das CAC-Verfahren ausgelöst wurde. Kurz darauf hat die ISDA das Kreditereignis einstimmig festgestellt. Die Auswirkungen der Fälligkeit der CDS sind noch nicht abzuschätzen. Die Höhe der Entschädigungen soll nicht mehr als €3 Mrd betragen, jedoch könnten die Clearingstellen hohen Margins ausgesetzt sein.

ISDA Entscheidung über Griechenland CDS vom 01.03.2012
EMEA_Determinations_Committee_Decision_0[...]
PDF-Dokument [188.0 KB]

CDS in der Europäischen Schuldenkrise

Am 18.04.2012 veröffentlicht die St. Louis Fed einen Artikel über die CDS im Rahmen der Euroschuldenkrise:

Bryan J. Noeth and Rajdeep Sengupta in The Regional Economist April 2012, St. Louis Fed
A Look at the Credit Default Swaps and Their Impact on the European Debt Crisis
A Look at Credit Default Swaps and Their[...]
PDF-Dokument [324.2 KB]

CDS in der Finanzkrise

Der Bericht des FCIC Financial Crisis Inquiry Commission schreibt auf Vorwortseite xxiv den OTC-Derivaten, insbesondere den CDS eine bedeutende Rolle in der Finanzkrise zu:

  • In 2000 wurde die Regulierung der OTC-Derivate aufgehoben
  • Unter anderem wurde auf Kreditausfall spekuliert
  • Der Kapitalwert der OTC-Derivate stieg auf $673 Billionen

Die OTC-Derivate trugen auf 3 bedeutenden Weisen zur Finanzkrise bei:

  1. Die CDS befeuerten die Hypothekenverbriefung. An AIG wurden $79 Mrd Sicherheiten verkauft. Damit wurde sowohl der Markt als auch die Immobilienblase weiter aufgebläht.
  2. CDS waren wesentlich für die Erschaffung synthetischer CDO (Credit Default Obligations). Diese synthetischen CDO waren nichts anderes als Wetten auf die Performance von realen Hypothekenwertpapieren. Sie vergrößerten die Verluste aus dem Kollaps der Immobilienblase, in dem sie Mehrfachwetten auf dieselben Wertpapiere erlaubten und ihnen zur Ausbreitung im gesamten Finanzsystem verhalfen. Allein Goldman Sachs verpackte und verkaufte $73 Mrd an synthetischen CDO vom 1. Juli 2004 bis 31. Mai 2007 und bezog sich auf über 3400 Hypothekenwertpapieren, wovon 610 mindestens zweifach verwendet wurden, abgesehen davon wie oft noch andere Firmen sich auf diese Papiere bezogen.
  3. Als schließlich die Immobilienblase platzte und die Krise folgte, waren die Derivate im Zentrum des Sturms

CDS wurden häufig von Firmen verkauft, die selbst über keinerlei finanziellen Puffer verfügten. Da sie nicht unter die Regulierung als Versicherer fielen, wurden auch keine entsprechenden Reserven verlangt. Mit Abstand größter Händler von CDS war AIG. Bei Bankkonzernen waren im Jahr 2008 97% des Nominalwerts der CDS in der Hand von nur 5 Großinstituten (JPMorgan Chase, Citigroup, Bank of America, Wachovia (jetzt Wells Fargo) und HSBC). (Seite 50-51)

 

AIG machte ein großes Geschäft im Verkauf von CDS an europäische Banken. Bis 2005 meldete AIG allein $107 Mrd CDS den Aufsichtsbehörden, um eine Erleichterung beim Eigenkapital zu erhalten. Diese Zahl stieg bis 2007 auf $379 Mrd. Die meisten CDS kauften europäische Banken. (Seite 140)

 

Erst im Jahr 2005 fiel den Aufsichtsbehörden auf, dass CDO und CDS tatsächlich das Risiko konzentrieren statt streuen konnten. Sie meinten aber darauf vertrauen zu können, dass die Wall Street weiss, was sie zu tut. (Seite 189)

 

Das Office of Thrift Supervision hatte nach Angaben seines früheren Direktors noch im September 2008 keine Ahnung, wie hoch AIGs CDS-Verpflichtungen waren. (Seite 350)