(aktualisiert 30.06.2013)

Reform des Insolvenzrechts

Übersicht:

 

  • Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und
    zur Stärkung der Gläubigerrechte 2013 (ab 01.07.2014)
  • Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
  • Reformpläne der Koalition nach 2009
  • Kleines Fiskusprivileg durch Haushaltsbegleitgesetz 2011
  • Pfändungsschutzkonto zum 01.07.2010
  • Reform zum 01.07.2007
  • Pfändungsschutz der Altersvorsorge Selbständiger 31.03.2007

Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und Stärkung der Gläubigerrechte

 

Am 07.06.2013 hat der Bundesrat die Verkürzung der Restschuldbefreiung beschlossen. Kritiker behaupten, dass Schuldner praktisch in den seltensten Fällen die 35% Quote erreichen, um in den Genuß der 3 Jahre Restschuldbefreiung zu gelangen. Hier die Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums:

 

"Zur abschließenden Beratung des Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Das Gesetz eröffnet insolventen natürlichen Personen neue Perspektiven. Während zur Erlangung der Restschuldbefreiung bislang in allen Privatinsolvenzverfahren ein sechsjähriges Verfahren durchlaufen werden muss, ist künftig schon nach der Hälfte der Zeit ein wirtschaftlicher Neuanfang möglich.

Schafft es der Schuldner, innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen zur Schuldentilgung bereitzustellen, sowie die Verfahrenskosten zu begleichen, kann ihm nach Ablauf dieses Zeitraums Restschuldbefreiung erteilt werden. Das Gesetz erfüllt damit das in dem Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 „Wachstum.Bildung.Zusammenhalt“ gesetzte Ziel einer Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre. Die Neuregelung gilt für alle Verfahren, die nach dem 30. Juni 2014 beantragt werden.

Wer schneller schuldenfrei sein möchte, kann künftig auch in Verbraucherinsolvenzen die flexible und sofortige Entschuldungsmöglichkeit des Insolvenzplans in Anspruch nehmen. Bis zum Schlusstermin eines Insolvenzverfahrens kann jeder Schuldner einen Insolvenzplan vorlegen, in dem außerhalb des Restschuldbefreiungsverfahrens und abweichend von den Vorschriften der Insolvenzordnung auf seinen Einzelfall abgestimmte Regelungen zur Entschuldung getroffen werden können. Stimmt die Mehrheit der Gläubiger zu, ist der Weg zu einem sofortigen wirtschaftlichen Neustart frei. Dabei wird ein Insolvenzplan bereits in Verbraucherinsolvenzverfahren vorgelegt werden können, die vor dem 1. Juli 2014 beantragt wurden oder werden.

Gleichzeitig stärkt das Gesetz die Rechte der Gläubiger. Wenn der Schuldner einen Restschuldbefreiungsantrag stellt, wird ihm bereits mit Beginn des Insolvenzverfahrens auferlegt, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder sich zumindest um eine solche zu bemühen. Gläubiger können auch zukünftig jederzeit schriftlich einen Versagungsantrag im Insolvenzverfahren stellen.

Eine weitere konkrete Verbesserung wurde für den Wohnungserhalt von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften erreicht. Sie werden vor den Auswirkungen der Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Vollstreckungsgläubiger oder den Insolvenzverwalter, die in ihren Folgen mit der Kündigung des Wohnraummietverhältnisses vergleichbar ist, geschützt.

 

Zum Hintergrund:
Die zweite Stufe gilt der Reform des Verbraucherinsolvenzrechts. Mit dem „Gesetzentwurf zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte“ soll insolventen Existenzgründern und Verbrauchern schneller als bisher eine zweite Chance ermöglicht werden, wenn sie einen Teil ihrer Schulden sowie die Verfahrenskosten begleichen. Die Gläubiger profitieren ebenfalls von dieser Beschleunigung, weil die Schuldner einen gezielten Anreiz erhalten, möglichst viel zu bezahlen. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf Regelungen zur Verkürzung und Umgestaltung des Restschuldbefreiungsverfahrens, zur Stärkung der Gläubigerrechte und zur insolvenzrechtlichen Stellung von Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften. Auch sieht der Entwurf die Zulassung des Insolvenzplanverfahrens für Verbraucher vor – eine weitere Möglichkeit, dass sich Schuldner und Gläubiger im Insolvenzverfahren über die Regulierung der Verbindlichkeiten einigen."

Gesetz zur weiteren Erleicherung

der Sanierung von Unternehmen (ESUG)

 

Seitdem am 01.09.2010 der Diskussionsentwurf zum o.g. Gesetz erstellt wurde, hat dieses Gesetzesvorhaben den Bundestag am passiert und wurde vom Bundesrat zurückgewiesen. Nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung wurde das ESUG erneut vom Bundestag am 27.10.2011 verabschiedet und vom Bundesrat ohne weiteres am 25.11.2011 bestätigt. Nun soll es am 01.01.2012 in Kraft treten. Kernpunkte des ESUG sind:

  • mehr Einfluss für Gläubiger auf die Wahl des Insolvenzverwalters
  • Vereinfachung der Eigenverwaltung
  • Verbesserung des Insolvenzplanverfahrens
  • Vollstreckungsschutz bei drohender Zahlungsunfähigkeit
  • Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital

Überschuldungsstatistikgesetz 2011

 

Mit diesem Gesetz wird eine Bundesstatistik über sämtliche Insolvenzberatungen aufgestellt. Es tritt zum 01.01.2012 in Kraft.

Reformpläne der Koalition zum Insolvenzrecht

2009-2013

 

Der Koalitionsvertrag sieht folgende Änderungen vor:

  • Bankenaufsicht soll systemrelevante Banken aufspalten können
  • Verbesserung der außergerichtlichen Sanierung
  • Vereinfachung und Ausrichtung auf Frühsanierung
  • Wegfall des Gläubigervorrangs für Sozialkassen
  • Prüfung des Verschuldensbegriffs, Verwalterauswahl
  • Überprüfung des Verbraucherinsolvenzverfahrens
  • Beibehaltung des Grundsatzes der zweiten Chance

Stand Koalitionsvertrag 23.10.2009

Kleines Fiskusprivileg

durch Haushaltsbegleitgesetz 2011

 

Neben diverser Änderungen der Steuer- und Sozialgesetze (Siehe Steuergesetzesverfahren) wird eine der Grundsäulen der Insolvenzordnung angegriffen. Es ist zu befürchten, dass die Masse der Insolvenzplanverfahren durch Bevorzugung des Fiskus wie schon vor der Insolvenzrechtsreform 1994-1999 wieder hinfällig wird und die Rettung von Unternehmen praktisch unmöglich wird:

  • jährlich 800 Mio. € Einsparung durch Änderung der Insolvenzordnung für Insolvenzanträge ab dem 01.01.2011

Die Regelungen lauten im Einzelnen:

  • "Dem § 14 Absatz 1 wird folgender Satz angehängt: 'Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass der Schuldern nach Antragstellung die Forderung erfüllt.'" (Artikel 3) -> Kommentar von CCU: Der Insolvenzantrag des Gläubigers (z.B. des Fiskus) bleibt wirksam, wenn die darauf beruhende Steuerschuld getilgt wird, um die Insolvenz abzuwenden. Damit bestimmen das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger noch stärker über die Sanierung eines insolventen Unternehmens oder dessen Liquidation. Es wird zum Richter über das Unternehmensschicksal. Die Androhung eines Insolvenzantrag wird damit ein noch mächtigeres Druckmittel jedoch aller Art von Gläubigern. Die Behauptung der Bundesregierung, dass bei anderen Gläubigern (als Fiskus und Sozialversicherung) das Insolvenzgericht den Antrag bei Erfüllung der zugrundeliegenden Forderung den Antag wegen fehlender Glaubhaftmachung ablehen wird, ist stark anzuzweifeln. - Ferner wird durch die Regelung verhindert, dass der Insolvenzverwalter später die Zahlungen an Fiskus oder Sozialversicherungsträger anficht und von diesen zurückholt (sog. Insolvenzanfechtung).
  • "Dem § 55 wird folgender Absatz 4 angefügt: '(4) Verbindlichkeiten des Insolvenzschulderns aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oderr vom Schuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit,'" -> Begründung des Gesetzgebers: Vorläufige Insolvenzverwalter (sog. schwache Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen) nutzen die Phase der Insolvenzeröffnung dazu, um die später verfügbare Masse zu vergrößern, weil neue Verbindlichkeiten als schwache Insolvenzforderungen gelten, so dass zum Beispiel die laufende Umsatzsteuer aus dieser Pahse für den Fiskus verloren geht.
  • "Dem § 96 wird folgender Absatz 3 angefügt: '(3) Absatz 1 sowie § 95 Absatz 1 Satz 3 stehen der Aufrechnung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis durch Finanzberhörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden nicht entgegen.'"

Pfändungsschutzkonto § 850k ZPO

zum 01.07.2010

 

Automatischer Pfändungsschutz für Basisbetrag

  • Kontoguthaben in Höhe des Pfändungsfreibetrags nach § 850c ZPO wird nicht von der Pfändung erfasst ("Basispfändungsschutz")
  • aus diesem Basisbetrag können Überweisungen erfolgen
  • Basisbetrag gilt für jeweils einen Kalendermonat
  • auf den Zeitpunkt des Eingangs der Einkünfte kommt es nicht mehr an
  • nicht ausgeschäpfter Basisbetrag kann auf die nächsten Monate vorgetragen werden, damit Guthaben für Leistungen angespart werden können, die in größeren Abständen anfallen (z.B. Versicherungen)
  • auf die Art der Einkünfte kommt es nicht mehr an, d.h. ein Nachweis, dass es sich um Sozialleistungen etc. handelt, entfällt.
  • auch Einkünfte der Selbständigen werden geschützt
  • Der pfändungsfreie Betrag kann durch Vorlage entsprechender Bescheinigungen von Arbeitgebern, Schuldnerberatungsstellen und Sozialleistungsträgern erhöht werden
  • eine Erhöhung oder Herabsetzung kann auch durch das Gericht erfolgen

Pfändungsschutzkonto:

  • nur für ein Girokonto
  • dieses besondere P-Konto wird mit der Bank vereinbart
  • es besteht ein gestzlicher Anspruch auf Umwandlung in ein P-Konto innerhalb von 4 Geschäftstagen
  • die Umstellung wirkt zurück auf den Monatsersten
  • kein Anspruch auf Einrichtung eines neuen P-Konto
  • ab 01.01.2012 Kontopfändungsschutz nur über P-Konto

Kindergeld und Sozialleistungen:

  • nicht mehr nur 7 Tage lang geschützt
  • Kindergeld wird zusätzlich geschützt (erhöht Basisschutz)

 

Kleine Insolvenzrechtsreform

zum 01.07.2007

 

Das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.04.2007 soll das Insolvenzverfahren für Insolvenzverfahren, die nach dem 01.07.2007 eröffnet werden, vereinfachen und Impulse für die wirtschaftliche Betätigung trotz Eintritt des Insolvenzfalls geben:

  • Erleichterte Fortführung des Unternehmens im Eröffnungsverfahren
    • Insolvenzverwalter kann anordnen, dass solche sicherungsübereignete notwendige Betriebsmittel nicht an die Gläubiger herausgegeben werden müssen. Als Entschädigung dafür werden Zinsen und Wertverzehr gzahlt.
  • Förderung einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners
    • Insovenzverwalter kann Vermöen aus der Masse lösen und dem selbständigen Schuldner zur Verfügung stellen. Auf Antrag der Gläubiger ist eine Kontrolle des Insolvenzgerichts möglich
    • Selbständige müssen so viel von ihren Einkünften an die Insolvenzmasse abführen, wie pfändbar wäre, wenn es sich um Arbeitseinkommen handelte.
  • Auswahl des Insolvenzverwalters
    • bisher geschlossene Auswahllisten sind durch das BVerfG 03.08.2004 nicht mehr zulässig
    • der Verwalter muss nunmehr aus der Gesamtheit aller Personen ausgewählt werden, die sich zur Übernehme von Insolvenzverwaltungen bereit erklärt haben.
  • Insolvenzbekanntmachung im Internet
    • Insolvenzbekanntmachungen werden immer mehr über www.insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht, anstelle von Zeitungsanzeigen.

Pfändungsschutz der Altersvorsorge Selbständiger

zum 31.03.2007

 

  • Pfändungsschutz nun auch für
    • Lebensversicherungen
    • private Rentenversicherungen